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Wissen: „Wir sind deutlich attraktiver geworden“

Der Chef der Uni München über den Sieg im Exzellenzwettbewerb – und über seine Probleme mit dem Wort Elite

Herr Huber, die erste Runde im Elitewettbewerb, aus der Ihre Uni als Sieger hervorgegangen ist, hat großes Aufsehen erregt. Spüren Sie schon den Imagegewinn?

Das ging praktisch gleich am Tag nach der Entscheidung los. Wir bekommen seitdem sehr viele Angebote aus dem In- und Ausland: Für neue Austauschprogramme, Kooperationen und Doktorandenprogramme.

Wollen mehr Spitzenforscher kommen?

Es ist auffällig, dass die Anfragen von Nachwuchswissenschaftlern aus den USA enorm steigen. Die sagen sich offensichtlich: Diese Uni ist besonders gut, und wir haben ein besonderes Interesse, dort zu forschen. Auch Unternehmen wollen verstärkt mit uns zusammenarbeiten. Es wäre aber illusorisch anzunehmen, dass wir durch solche Verbindungen zur Wirtschaft Millionen einnehmen. Bei den Verhältnissen in Deutschland wird keine Uni Sponsorengelder einwerben, die nur annähernd an die Mittel der Exzellenzinitiative heranreichen.

Wie wird der Sieg Ihre Uni verändern?

Wir sind jetzt in der Lage, viele Vorhaben unmittelbar anzugehen, die wir sonst nur langfristig hätten umsetzen können. Ein Beispiel sind unsere neuen Forschungsprofessuren. Bisher hätten wir intern Stellen einziehen müssen, um einen Pool an Professuren aufzubauen. Damit wären viele Konflikte verbunden gewesen. Jetzt können wir die Professuren sofort einsetzen und der Universität deutlich machen, wie wir davon profitieren.

Ein Kernstück Ihres Zukunftskonzeptes ist der Aufbau eines „Center for Advanced Studies“, in dem Wissenschaftler forschen können, ohne in die Lehre eingebunden zu sein. Wie funktioniert das neue Institut?

Es soll keine frei schwebende Institution werden, die abgehoben von der Universität entsteht. Es soll attraktive Forschungsbedingungen bieten, in denen Forscher die Möglichkeit haben, eine längere Zeit an einem Thema zu arbeiten. Aber natürlich soll die Rückkopplung mit der Uni durch Seminare für Studierende oder Angebote für Nachwuchswissenschaftler gesichert sein.

Andere Unis planen ähnliche Zentren. Ist nicht zu befürchten, dass so die Lehre von der Forschung abgekoppelt wird?

Mittelbar wirkt sich das auch positiv auf die Lehre aus. Die Wissenschaftler kehren später in den Lehrbetrieb zurück. Da profitieren die Studierenden von den neu gewonnenen Erkenntnissen. Der Punkt ist doch, dass das Lehrdeputat von Professoren in Deutschland derzeit weit über dem liegt, was international üblich ist. Unser System muss da verbessert werden.

Die Eliteunis sollen langfristige Forschungsschwerpunkte setzen. Welches werden Ihre sein – und welche Fächer Verlierer?

Vom grünen Tisch aus solche Entscheidungen zu treffen, wäre sicher vermessen. Wir haben an der LMU schon vor der Exzellenzinitiative von internen und externen Gutachtern prüfen lassen: Wo sind Felder, aus denen wir uns zurückziehen wollen, weil uns eine ausreichende Ausstattung fehlt – und wo können wir zukunftsträchtig forschen? Wir nehmen solche Evaluationen künftig regelmäßig vor. Das ist ein ständiger Prozess.

Wie nehmen Sie Ihre Wissenschaftler bei dieser Neustrukturierung mit? Gerade in den Geisteswissenschaften fühlen sich viele als Verlierer des Elitewettbewerbs.

Das kann man nicht autoritär verordnen, sondern muss es mit den Fächern gemeinsam machen. Wir haben an der LMU gesagt, wir nehmen keine Umverteilung von den Geistes- zu den Naturwissenschaften vor oder vice versa. Wir strukturieren vielmehr innerhalb der Geisteswissenschaften und innerhalb der Naturwissenschaften um. Dann kann man einen solchen Prozess im Konsens regeln.

Gehören zu einer Eliteuni elitäre Studiengebühren – höhere als woanders?

Ich bin kein Freund des Begriffs „Eliteuniversität“. Er erweckt zum einen negative Assoziationen, zum anderen Erwartungen, die wir gar nicht erfüllen können. Ich spreche lieber von Spitzen- oder Forschungsuniversität. Nur weil abends die Exzellenzentscheidung verkündet wurde, waren bei uns am nächsten Morgen die Hörsäle nicht weniger voll. Solange wir nicht zu ganz anderen Betreuungsrelationen kommen, halte ich den Begriff der Eliteuni, wie man ihn mit den US-Ivy-League-Unis assoziiert, für unangemessen. Studienbeiträge von 500 Euro führt Bayern demnächst ein. Man sollte erst mal abwarten, wie sich das auswirkt.

Auch die TU München hat den Elitestatus gewonnen. Es sind immer wieder Klagen zu hören, die Münchner würden zulasten der anderen bayerischen Unis gepäppelt. Wird sich diese Tendenz noch verstärken?

Bisher haben wir bei den Hochschulen ein relativ homogenes Bild. Wenn man will, dass einige Unis international sichtbare Spitzenforschung leisten, kann man das nur an ausgewählten Standorten realisieren. Andere wird man dann nicht mehr in vollem Umfang fördern können. Wir bewegen uns also in Richtung einer stärker ausdifferenzierten Hochschullandschaft mit Forschungsunis auf der einen und Lehrunis auf der anderen Seite. Die Politiker müssen sich auch im Klaren darüber sein, dass der Exzellenzwettbewerb erneut aufgelegt werden muss.

Bei der Elite-Entscheidung kam es zu einem Eklat. Die Politiker zogen aus dem Entscheidungsgremium aus, weil sie gegen die Absprache übergangen wurden. War es richtig, dass die Wissenschaftler im Alleingang eine Entscheidung von so großer Tragweite für ganz Deutschland fällten?

Es geht bei dem Wettbewerb nicht darum, wissenschaftliche Exzellenz aufzubauen, sondern bestehende Exzellenz weiter zu stärken, so dass sie den internationalen Anschluss schafft. Die Wissenschaftler sind diejenigen, die entscheiden sollten, wer gefördert wird.

Das Gutachten über Ihre Uni ist skeptisch formuliert. Die Gutachter bezweifelten, ob es zu einem „substantiellen Sprung“ führen werde. Trotzdem sind Sie Eliteuni geworden. Ist es richtig, wenn die Qualität der Anträge so relativiert wird?

Offenbar war es in der Summe nicht so kritisch, dass man beschlossen hätte, die LMU nicht zu fördern. Dass man bei Begutachtungen im Einzelnen geteilter Meinung sein kann, ist ja keine Frage. Gewisse Entscheidungen liegen immer im Unschärfebereich. Aber wenn man ehrlich ist: Völlig überraschend ist das Ergebnis nicht. Dass die beiden Münchner Unis zu den führenden in Deutschland zählen, zeigt schließlich jedes Ranking.

Die Fragen stellte Tilmann Warnecke.

BERND HUBER (46) ist seit 2002 Rektor der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Uni, eine der größten Deutschlands, wurde im Oktober zu einer von drei Eliteunis gekürt.

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