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Wissen: Wird es voller an Berlins Hochschulen? Kapazitätsverordnung ist umstritten

Berlins Hochschulen sind mit dem Stacheldraht des Numerus clausus bewehrt. Die Zeiten, in denen sie fast alle Studierwilligen aufnahmen, sind seit Jahren vorbei.

Berlins Hochschulen sind mit dem Stacheldraht des Numerus clausus bewehrt. Die Zeiten, in denen sie fast alle Studierwilligen aufnahmen, sind seit Jahren vorbei. Dennoch befürchten Hochschulvertreter nun, dass die Seminare wieder voller werden. Die Humboldt-Universität (HU) rechnet damit, dass sie zum Wintersemester statt der geplanten 3200 Studienanfänger 240 zusätzlich wird aufnehmen müssen. Das ergebe sich aus der Neugestaltung der Kapazitätsverordnung (KapVO) durch den Berliner Senat, erklärte Michael Kämper-van den Boogaart, HU-Vizepräsident, am Mittwoch im Wissenschaftsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses: „Das wird zu einer Verschlechterung der Qualität führen.“

Mit der neuen Verordnung reagiert der Senat auf ein Urteil des Landesverfassungsgerichts vom Dezember. Die Verordnung schreibt die Aufnahmekapazität für jeden einzelnen Bachelor- und Master-Studiengang fest. Damit soll verhindert werden, dass sich Bewerber unter Verweis auf vermeintliche Unterauslastung auf einen Studienplatz einklagen können. Nach Auffassung der Hochschulleitungen hat der Senat die Gelegenheit jedoch genutzt, um eine höhere Auslastung zu erzwingen. So schreibe er etwa die Teilnehmerzahl für ein Hauptseminar auf 15 fest, erlaube einer Universität pro Studiengang aber nur, acht Hauptseminare anzubieten. Reichen diese acht Hauptseminare für die Studierenden nicht aus, müssten die anderen Studierenden auf andere Seminartypen ausweichen, in denen die Verwaltung aber 30 Teilnehmer erlaubt. Damit wende sich der Senat neuerdings von den Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz ab, kritisierte Kämper-van den Boogaart.

Andreas Kohring, Vertreter des Mittelbaus, sagte, die Öffentlichkeit habe keineswegs nur ein Interesse an möglichst vielen Studienplätzen, sondern vor allem an guten Absolventen: „Wenn man nur auf dem Flur zuhören kann und keinen Platz in der Bibliothek findet, sind das fake-Studienplätze.“ Die Vertreter der Asten argwöhnen hingegen, dass die Verordnung Pufferzonen für Professoren schafft: Wenn etwa die Prüfungsbetreuung mehrfach angerechnet werde, sehe die Kapazität schneller voll ausgeschöpft aus als sie es tatsächlich sei.

Knut Nevermann, Staatssekretär in der Wissenschaftsverwaltung, widersprach dem Eindruck, die Hochschulen müssten nun ohne zusätzliche Mittel mehr Studierende aufnehmen. Im wesentlichen bleibe der Status quo bewahrt. Nur die Fachhochschulen müssten mit „minimalen Zuwächsen“ rechnen: „Ein besseres Betreuungsverhältnis können wir uns im Moment nicht leisten, das geht nicht“, sagte Nevermann mit Blick auf den doppelten Abiturjahrgang. Im übrigen bekämen die Hochschulen für zusätzliche Studierende auch mehr Geld aus dem Hochschulpakt sowie über das Preismodell des Berliner Senats, wenn diese auch nicht völlig ausreichten. Martin Delius von der Piratenpartei kritisierte eine „Doppelsteuerung“, die zu einem Verlust von Hochschulautonomie führe. Um Studienplätze aufzubauen, bediene sich der Senat der Hochschulverträge, dem Preismodell und nun auch noch der KapVO.

Einigkeit herrschte darüber, dass in bestimmten Studienfächern Masterplätze aufgestockt werden müssen. Die Finanzierung müsse im nächsten Jahr in den neuen Hochschulverträgen sowie im Hochschulpakt geklärt werden. akü

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