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Offenes Ende. Die Regierungskoalition fordert von den Hochschulen bessere Karriereperspektiven.

© ddp

Wissenschaftlicher Nachwuchs: Mehr Zeit auf einer Stelle

Die Regierungskoalition will die Karrierewege für Nachwuchswissenschaftler verbessern. Die Unis sollen Befristungen an Projektlaufzeiten binden und zusätzliche Professuren schaffen. Die Rektoren erkennen das Befristungsproblem an, wollen sich aber nicht festlegen.

Die Befristung von Stellen in der Wissenschaft soll sich an der Laufzeit von Projekten orientieren. Nachwuchsforschern müssen attraktive Karriereperspektiven angeboten werden – bis hin zu neuen Dauerstellen mit Aufstiegschance auf die W3-Professur. Diese Forderungen erheben die Fraktionen der Regierungskoalition mit einem Antrag, der am heutigen Donnerstag im Bundestag eingebracht wird. Nach parlamentarischen und außerparlamentarischen Initiativen für den wissenschaftlichen Nachwuchs wollen nun auch Union und FDP die Hochschulen damit unter Druck setzen, teilweise unzumutbare Verhältnisse wie Vertragslaufzeiten von unter einem Jahr zu verbessern.

Ausdrücklich verlangt die Regierungskoalition von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) eine „Selbstverpflichtungserklärung“ gegen die „übermäßige Befristungspraxis“. Arbeitsverträge von Nachwuchskräften sollen nicht kürzer befristet sein als die Projekte, in denen sie arbeiten. Reicht die Zeit nicht, um ein Ziel wie die Promotion oder die Habilitation zu erreichen, sollten Verlängerungen von vornherein in einer Betreuungsvereinbarung festgehalten werden.

Doch was die HRK jetzt bei ihrer Mitgliederversammlung in Hamburg bereits beschlossen hat, bleibt hinter den Forderungen der Parlamentarier zurück. Zwar heißt es in den am Dienstag abgestimmten „Leitlinien“ für befristete Beschäftigungsverhältnisse, die Karrierewege müssten „planbar und transparent“ sein. Zwischen Hochschule und Mitarbeiter sollten Qualifikationsziele vereinbart werden, die „in der Befristungszeit erreichbar und wissenschaftlich ausführbar“ sind. Doch auf konkrete Zeitvorgaben wollten sich die Unipräsidenten nicht einlassen, von einer bindenden Projektlaufzeit ist nicht die Rede. Vielmehr wird die Vielzahl denkbarer Qualifikationen betont, darunter die Konzeption von Forschungsprojekten oder von Auslandsaufenthalten – Ziele, die mit Kurzzeitverträgen zu erreichen sind. Zudem halten die Rektoren fest, dass die Zahl der befristeten Stellen die der unbefristeten deutlich übersteigen müsse, um immer neue Nachwuchswissenschaftler gewinnen zu können. Gleichzeitig wird den Fakultäten empfohlen, „Dauerstellenkonzepte“ aufzustellen, um die Zahl der unbefristeten Beschäftigungsverhältnisse „in einem angemessenen Verhältnis zu befristeten Qualifikationsstellen zu halten“. Was sich die HRK vornehme, sei weich formuliert, sagt Andreas Keller von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Doch würden die Hochschulen das Problem der Befristungen anerkennen und allgemeine Grundsätze dazu formulieren. „Das ist schon ein Durchbruch.“

Im Antrag der Regierungskoalition werden „attraktivere Karriereperspektiven“ unterhalb und neben der klassischen Professur gefordert. Die unter der ehemaligen Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) eingeführte Juniorprofessur wollen Union und FDP in „Assistenzprofessur“ umbenennen, die auch Nachwuchsgruppenleitern offenstehen und möglichst mit einem Tenure Track, der Option auf eine unbefristete Professur, versehen werden soll. Daneben wird eine neue „Associate-Professur“ nach US-amerikanischem Vorbild empfohlen – unbefristete W2- oder W3-Stellen mit Aufstiegsperspektive zur „vollen W3-Professur“.

Die HRK hat in Hamburg auch Empfehlungen zu Promotionsverfahren beschlossen – eine Reaktion auf die Skandale um Plagiate prominenter Politiker. In Promotionsvereinbarungen sollen etwa die Fachbetreuer benannt, regelmäßige Gespräche und die Teilnahme an einem Kolloquium festgelegt werden. Externe Promotionen von Berufstätigen sollen möglich sein, doch den gleichen Qualitätsstandards unterliegen wie interne. Besonders geeignet seien strukturierte Promotionsprogramme, auch sollten die Unis Qualifikationen wie Lehrkompetenzen vermitteln. Die HRK will, dass die Promovenden eine eidesstattliche Versicherung über die Eigenständigkeit der Arbeit abgeben. Die Dissertationen sollen auch elektronisch eingereicht werden, um stichprobenartige Überprüfungen auf etwaige Plagiate zu ermöglichen.

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