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Eine Wissenschaftlerin prüft Laborproben.

© Patrick Pleul / picture alliance / ZB

Wissenschaftsrat: Die Wissenschaft leidet an Gutachteritis

Viele Gutachtende fühlen sich überlastet. Der Wissenschaftsrat schlägt vor, die Last auf mehr Schultern zu verteilen.

Im deutschen Wissenschaftsbetrieb spielen Begutachtungen eine herausragende Rolle für die Sicherung von Qualität. Das betont der Wissenschaftsrat. Dessen Ausschuss Forschung hat sich jetzt damit befasst, wie sich das Begutachtungswesen optimieren lässt. Denn schon länger fühlen sich Gutachterinnen und Gutachter überlastet. Und Forschungsorganisationen beklagen, dass es schwierig geworden ist, Gutachter zu gewinnen.

Gutachten entscheiden etwa darüber, welche Artikel in eine Fachzeitschrift gelangen, wer einen Preis oder einen Ruf bekommt, welches Forscherteam Drittmittel bekommt oder eine Forschungsinfrastruktur nutzen darf, oder ob ein Studiengang akkreditiert wird. Gewachsen sei der Bedarf an Gutachten aus verschiedenen Gründen, stellt der Wissenschaftsrat fest, etwa wegen der steigenden Bedeutung von Drittmitteln (zum Positionspapier geht es hier).

Mehr Erfolgsaussichten mit Mainstream-Forschung

Unterdessen wird in der Wissenschaft kritisiert, die Gutachter würden dazu neigen, den wissenschaftlichen Mainstream zu fördern – das wirklich Neue aber als zu riskant zu meiden. Entsprechend könnten Wissenschaftler dazu neigen, sich mit konventionellen Anträgen höhere Erfolgschancen zu verschaffen.

Um den drohenden Qualitätsverlust zu verhindern, schlägt der Wissenschaftsrat in seinem Positionspapier vor, Alternativen zu erproben. Dazu gehört, die Last besser zu verteilen. Bisher sei ein Drittel des Personals „mittel bis hochaktiv gutachtend tätig“, während zwei Drittel „wenig“ gutachteten. Einbezogen werden könne auch der wissenschaftliche Nachwuchs. Die neuen Gutachtenden sollten etwa durch Mentoring auf ihre Aufgabe vorbereitet werden.

Es könnte eine "wild card" für Unkonventionelles geben

Einrichtungen, die Gutachten in Auftrag geben, sollten ihren „Ressourcenverbrauch“ sichtbar machen und überprüfen, ob der Aufwand im Verhältnis zum Nutzen stehe. Verfahren könnten effizienter gestaltet werden, indem zuerst nur Skizzen eingereicht werden und nicht gleich Vollanträge. Um Mainstreaming bei Anträgen zu begegnen, könnte in bestimmten Fällen auch das Los über die Förderung entscheiden, oder Juroren könnte ein „effektives Sondervotum“ (wild card) eingeräumt werden. Und als Anreiz für Gutachter könnte etwa eine „Reviewer Recognition-Plattform“ eingerichtet werden.

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