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Wissenschaftssenator: Jürgen Zöllner - überfordert und gescheitert?

Jürgen Zöllner, ein gedemütigter Senator: Bei der Senatsklausur strichen Klaus Wowereit und Ulrich Nußbaum ihm die Mittel für Berlins Unis zusammen. Sie trauen dem Bildungssenator offenbar nicht zu, allein mit den Hochschulen fertig zu werden.

Neue Sparmaßnahmen? Nur über seine Leiche! Das hat Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner im November im Akademischen Senat der TU Berlin gesagt. Und jetzt? Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Finanzsenator Ulrich Nußbaum haben Zöllner bei der Senatsklausur gedemütigt. Nicht einmal die schon von Zöllner in Aussicht gestellten 44 Millionen Euro sollen Berlins Hochschulen in den Jahren 2010 und 2011 zusätzlich bekommen, sondern nur 35 Millionen Euro, die in den beiden Folgejahren allerdings auf 50 Millionen anwachsen sollen. Die Hochschulen schätzen ihre Kostensteigerungen auf jährlich 175 Millionen Euro, das sind 19 Prozent ihres jetzigen Zuschusses von 910 Millionen.

Wowereit und Nußbaum haben auch angekündigt, Zöllner bei den „weiteren schwierigen Verhandlungen“ mit den Hochschulen unterhaken zu wollen. Sie trauen dem Wissenschaftssenator nicht mehr zu, mit den Hochschulen allein fertig zu werden – zumal mit dem als Spitze des Widerstands geltenden FU-Präsidenten Dieter Lenzen. Hinter den Kulissen ist zu hören, Wowereit sei von Zöllner nicht begeistert. Als starker Mann aus Rheinland-Pfalz nach Berlin gekommen, scheint der Senator am Kabinettstisch nun kaum besser behandelt zu werden als sein Vorgänger Thomas Flierl (Linke). „Hat Zöllner fertig?“, fragen bereits Berlins Grüne. Zöllner sei „überfordert und gescheitert“.

Zöllners Prestigeprojekt, die Einstein-Stiftung für die Spitzenforschung, steht im Haushalt des Senats allerdings nicht zur Disposition. Jährlich sollen 35 bis 40 Millionen Euro für Forschungsprojekte fließen. Die Unis hatten monatelang argumentiert, Berlin dürfe sich die Stiftung nur leisten, wenn ihre eigene Grundfinanzierung gesichert sei.

HU-Präsident Christoph Markschies, der sich in der Vergangenheit stets zurückhaltend geäußert und die Verhandlungen über die Hochschulverträge im Wesentlichen seinen Vizepräsidenten überlassen hatte, wurde am Dienstag deutlich. Berlin müsse „endlich zu seinem Wort stehen“ und den Hochschulen ihre zusätzlichen Bedarfe zahlen, erklärte er im Akademischen Senat der Uni. „Die Summe, die wir brauchen, steht seit Mai 2008 fest. Der Wissenschaftssenator hat die Summe auch im persönlichen Gespräch mehrfach anerkannt“, sagte Markschies. Er erwarte, dass auch Wowereit dahintersteht. „Wir haben uns bescheiden verhalten und fordern nur das, was wir zusätzlich ausgeben müssen.“ Die Hochschulen würden nicht nachlassen, „gegen Kürzungen zu kämpfen“. Sollte es doch zu Kürzungen kommen, sei es „niemandem mehr zuzumuten, den Studienbetrieb aufrechtzuerhalten. Von Wettbewerben wie der Exzellenzinitiative braucht man dann gar nicht mehr zu reden“, rief Markschies unter großem Beifall.

Die Hochschulpräsidenten glauben aber offenbar nicht, dass das letzte Wort bereits gesprochen ist. „Wir sind enttäuscht und hoffen auf Nachverhandlungen“, teilte TU-Präsident Kurt Kutzler mit. Auch FU-Präsident Dieter Lenzen sagte: „Die Summe ist unzureichend und bestätigt unsere Befürchtungen, dass Zöllners Angebot bis jetzt nicht den Rückhalt der Finanzverwaltung hatte. Wir hoffen auf einen positiven Ausgang.“ Er sei dankbar, dass die Angelegenheit zur Chefsache gemacht werde.

Hat Wowereit Zöllner den zusätzlichen Zuschuss für die Hochschulen nur gesenkt, um selbst später wieder gönnerhaft etwas drauflegen zu können? Solchen Spekulationen erteilt Nußbaums Verwaltung eine Absage: „Wir haben das getan, was Berlin sich noch leisten kann“, sagt Sprecher Clemens Teschendorf. Das werde der Finanzsenator den Hochschulen in dem geplanten Gespräch mit Wowereit erklären. Bereits am Montag hatte Wowereit hervorgehoben, das Land werde zusätzliche Studienplätze und den Landesanteil zur Exzellenzinitiative der Universitäten finanzieren – Letzteres zumal muss aber als Selbstverständlichkeit betrachtet werden.

Der Doppelhaushalt 2010/2011 soll am 7. Juli vom Senat beschlossen und Ende 2009 vom Parlament verabschiedet werden. Michael Heine, Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), hofft auf schnelle Verhandlungen. „Binnen der nächsten vier Wochen müssen wir die Konturen erkennen können.“ Anstehende Berufungszusagen seien bestenfalls noch bis zum August hinauszuzögern. Sollten die Hochschulen am Ende keine „solide Grundfinanzierung“ bekommen, würden sie Studienplätze abbauen müssen. Der Wunsch Zöllners, mit dem Ausbau von Studienplätzen recht viel Bundesgeld aus dem Hochschulpakt nach Berlin zu holen, sei dann nicht zu realisieren.

Im Mittelpunkt der Forderungen von Berlins vier Universitäten, vier Fachhochschulen und drei Kunst- und Musikhochschulen steht eine Gleitklausel für die noch nicht genau zu beziffernde Kostensteigerungen, vor allem die Tarifsteigerungen (geschätzte 102 Millionen Euro). Doch von einer Gleitklausel will die Finanzverwaltung nichts wissen: „Das widerspricht dem Geist der Hochschulverträge“, sagt Sprecher Teschendorf. Die Verträge böten den Hochschulen Planungssicherheit. Im Gegenzug müssten die Hochschulen alle weiteren Risiken tragen. Schließlich halte sich auch das Land an die Verträge und füge für seine eigenen Risiken keine Gleitklausel ein.

Abgesehen vom Streit um die Finanzen gibt es an den Hochschulen Skepsis gegenüber dem von Zöllner gewünschten Systemwechsel in der Hochschulfinanzierung zu einem „Preismodell“. Danach sollen die Hochschulen in Zukunft zwei Drittel ihrer Zuschüsse und nicht mehr wie bisher ein Drittel nach Leistung bekommen. Die Hochschulen befürchten, sie müssten dann immer mehr Studierende aufnehmen, um ihre Kosten zu decken.

Zöllner ließ am Dienstag lediglich mitteilen, in der Senatsklausur sei ein „Chefgespräch“ zwischen Wowereit, Nußbaum und ihm selbst vereinbart worden. „Danach spricht Wissenschaftssenator Zöllner mit den Hochschulen.“

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