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Ungewisse Zukunft. Noch weiß niemand, wie sich die Zika-Babys entwickeln werden.

© Ricardo Moraes, REUTERS

Zika-Bekämpfung: Chan: "Wir wissen nicht, wie lange wir so weitermachen können"

Große Aufgaben, wenig Geld: Um angemessen auf die Zika-Krise reagieren zu können, hat die WHO ihre Mitglieder um 56 Millionen US-Dollar gebeten. Gerade drei Millionen wurden bisher zugesagt.

"Je mehr wir wissen, desto ernster erscheint die Lage." Diesen Satz wiederholen Gesundheitsschützer derzeit auffällig oft, wenn es um Zika geht. Margaret Chan, Generalsekretärin der Weltgesundheitsorganisation WHO, ist keine Ausnahme. In 38 Staaten und Territorien verbreite sich derzeit das Virus. Niemand könne voraussagen, wo die Epidemie als nächstes ankomme. "Wir müssen unser Wissen über Zika sehr schnell erweitern", sagte Chan auf einer Pressekonferenz in Genf. Schon jetzt sei ein Muster erkennbar. Drei Wochen nach den ersten Fällen meldeten die Länder seltene neurologische Komplikationen bei Erwachsenen - von Hirnhautentzündungen bis zum Guillain-Barré-Syndrom, das die vorübergehend Gelähmten wochen- oder monatelang an ein Bett auf der Intensivstation fesselt. Einige Monate später kommen Babys mit verschiedenen Hirnschädigungen zur Welt, Mikrozephalie sei nur ein Krankheitszeichen in einem ganzen Spektrum.

Zuletzt meldeten Panama und Kap Verde je ein Neugeborenes mit zu kleinem Kopf, die Fälle in Kolumbien werden nach wie vor untersucht. Von den bislang derzeit rund 6500 Mikrozephalie-Verdachtsfällen in Brasilien hätten vermutlich rund 2500 Babys tatsächlich die Fehlbildung, schätzten die WHO-Experten. Ist einer von 100 Föten betroffen, wenn sich die Mutter während der Schwangerschaft infiziert oder jeder dritte? Die Studien, teils mit sehr kleinen Fallzahlen, kommen im Moment zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. "Wir sammeln die Fakten", sagte Chan. Sicher sei aber eines: "Zika ist keine medizinische Kuriosität, sondern hat eine besorgniserregende Gesundheitskrise ausgelöst."

Die Folgen von Zika sind dauerhaft

Der Welt ist das anscheinend herzlich egal. Bereits im Februar hatte die WHO ihre Mitgliedsstaaten um 56 Millionen US-Dollar gebeten, um angemessen auf den sich abzeichnenden Notfall reagieren zu können. Gerade drei Millionen wurden bisher zugesagt, um weitere vier Millionen wird derzeit gefeilscht. Allein die WHO und ihr amerikanisches Regionalbüro brauchen etwa 25 Millionen, um die betroffenen Länder zu unterstützen und die Zika-Forschung voranzutreiben. "Geldmangel wird uns nicht daran hindern, das Richtige zu tun", sagte Chan. Sie weicht derzeit auf jene 20 Prozent des WHO-Budgets aus, deren Nutzung flexibel ist. Der Rest ist für andere wichtige Programme vorgesehen, etwa die Bekämpfung von HIV und Malaria. "Wir wissen nicht, wie lange wir so weitermachen können", sagte Chan. Zika und seine Folgen werden jedenfalls auf lange Sicht zu spüren sein. Schließlich müssen sich die Länder nicht nur Laborkapazitäten aufbauen, um die Fälle zu finden und Intensivbetten bereitstellen. Sie müssen sich langfristig gut um die betroffenen Kinder kümmern. "Zika hat herzzerreißende Folgen für die Familien", sagte Chan. "Und es belastet ohnehin sehr strapazierte Gesundheitssysteme."

Energisch. Geldmangel werde sie nicht davon abhalten, das Richtige zu tun, sagt WHO-Generalsekretärin Margaret Chan.
Energisch. Geldmangel werde sie nicht davon abhalten, das Richtige zu tun, sagt WHO-Generalsekretärin Margaret Chan.

© dpa

Ein Beispiel für die Arbeit der WHO sei die Mission nach Kap Verde. Auf den Inseln vor der afrikanischen Küste verbreitet sich nicht nur Zika, es wurde auch ein erster Mikrozephalie-Fall bei einem Neugeborenen gemeldet. Expertenteams helfen nun bei der Diagnose, bauen Labore auf, beschaffen die nötigen Reagenzien. Sie interessieren sich unter anderem für den Ursprung des Ausbruchs. Ist es das Virus, das über Asien nach Lateinamerika kam und nun einen Weg bis nach Afrika gefunden hat? Oder kommt es vom afrikanischen Kontinent und verhält sich ganz anders als die lateinamerikanische Variante? "Allein für diese Arbeit auf Kap Verde sind 50.000 Dollar nötig", sagte Chan. Glücklicherweise werde die Mission sehr großzügig von der amerikanischen Seuchenbehörde CDC unterstützt. Ein weiterer Schwerpunkt sei, die Forschung zu koordinieren, von der besten Mückenbekämpfung, über Impfstoffe und Diagnostik bis hin zur besten Pflege der Kranken. "Dazu müssen sich die besten Köpfe der Welt treffen", sagte Chan. "Auch das kostet Geld."

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