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Süße Verlockung. Zucker gilt vielen als schädliches, ja gefährliches Nahrungsmittel. Studien können diese Annahme nicht bestätigen.

© dpa/ZB

Zucker und Übergewicht: Süßes als Dickmacher? Vor allem Fett macht fett

Eine britische Studie belegt, dass Anti-Zucker-Kampagnen sich als Bumerang erweisen könnten. Dicke langen vor allem bei Fettigem zu.

Zucker gilt als gesundheitlich bedenklich, als Dickmacher und als Suchtmittel. Der Ruf nach einer Zuckersteuer und nach weiteren Maßnahmen wird lauter. Aber der Kampf gegen das süße Nahrungsmittel könnte sich am Ende als Bumerang erweisen. Denn es ist vor allem Fett, was fett macht, zeigt eine britische Studie.

Jill Pell von der Universität Glasgow und ihr Team werteten Informationen zu 132 479 Briten aus, deren Gewicht ermittelt wurde und die neben anderem auch über ihre Ernährungsgewohnheiten Auskunft gaben. Das Durchschnittsalter betrug 56 Jahre, zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen waren übergewichtig oder fettsüchtig (adipös).

Ob jemand mehr Pfunde auf die Waage brachte, hing vor allem mit zwei Dingen zusammen, stellten die Forscher fest: von der Gesamtzahl der aufgenommenen Kalorien und von Fett als Kalorienlieferanten. Verglichen mit Schlanken stammte bei Dicken ein höherer Anteil der Nahrungskalorien von Fett, ein geringerer von Zucker.

Einfache Erkenntnis: Kalorien sind entscheidend

Die im Fachblatt „International Journal of Epidemiology“ veröffentlichte Untersuchung legt eine verblüffend einfache Erkenntnis nahe: Es sind vor allem die Kalorien, auf die es bei der Gewichtszunahme ankommt. Zucker ist kein „besonders schlimmer“ Dickmacher, auch bei ihm sind es die Kalorien, die zählen.

Die Wissenschaftler befürchten, dass Leute die Abkehr von einem verpönten Nahrungsmittel, etwa Zucker, durch den vermehrten Konsum anderen Essens ausgleichen. Die Rede ist von einer „Zucker-Fett-Schaukel“. Wer auf das eine verzichtet, isst mehr vom anderen. Aber nur derjenige, der weniger Energie aufnimmt als er verbraucht, nimmt ab. Gesundheitsbotschaften, die nur auf das Ächten des Zuckers abzielen, können deshalb in die Irre führen, meinen die Wissenschaftler.

Die Kritik der Glasgower Forscher zielt auf die Anti-Zucker-Kampagnen, die gut gemeint sind, doch nach hinten losgehen könnten. Viele Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass insbesondere zuckerhaltige Softdrinks ein großes Übel sind, weil sie „leere“ Kalorien enthalten und nicht satt machen. Studien belegen, dass süße Limonaden bei Kindern und Jugendlichen die Gewichtszunahme fördern. Die Weltgesundheitsorganisation fordert deshalb, zuckerhaltige Getränke aus Schulen zu verbannen oder stark einzuschränken, dazu eine Steuer auf Softdrinks und Werbeeinschränkungen.

Ein "Cola-Verbot" wirkt schlechter als gedacht

Es erscheint logisch, dass der Verzicht auf süße Softdrinks das Gewicht von dicken Kindern senken müsste. Aber die dazu angestrengten Studien sind nicht so eindeutig, wie Jill Pell und ihre Kollegen zu bedenken geben. Offenbar hat ein „Cola-Verbot“ viel weniger Einfluss auf jugendliche Fettpolster als gedacht. Die Wissenschaftler sehen ihre These bestätigt, dass man sich beim Abnehmen nicht nur auf eine Kalorienquelle wie den Zucker konzentrieren sollte.

Eine weitere vor kurzem erschienene Untersuchung zum Thema Zucker ist in ähnlicher Weise geeignet, Gewissheiten zu erschüttern. Constantine Gasser von der Universität Melbourne und sein Team gingen der Frage nach, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Schokolade und anderen Süßigkeiten mit Übergewicht und Fettsucht bei Kindern und Jugendlichen gibt.

Elf Studien mit 177 000 Kindern werteten die Forscher aus, wie sie im „American Journal of Clinical Nutrition“ berichteten. Sie stellten fest, dass eine Verknüpfung existiert. Wenn auch völlig anders, als man vermuten könnte. Tatsächlich aßen die dünnsten Kinder die meisten Süßigkeiten, ob mit oder ohne Schokolade.

Die These, dass Süßes Kinder dick macht, war in sich zusammengefallen. Erklären können die Forscher sich das Phänomen der mageren Süßschnäbel nicht so recht. Sie versteigen sich zu der Annahme, dass dicke Kinder möglicherweise weniger naschen. Es könne aber auch sein, dass sie ihren Konsum verheimlichten. Eine andere Erklärung hat der Fettsucht-Forscher Arya Sharma von der Universität von Alberta in Edmonton: Vielleicht ruinieren sich Kinder, die Süßes essen dürfen, damit ihren Appetit – und sind so dagegen gefeit, zuviel zu futtern. Am Ende sind sich Gasser und Sharma einig, dass Schokoriegel wohl nicht das Hauptproblem pummliger Kinder sind.

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