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Brandenburg: Wolfgang Fürniß im Interview: "Keine weiteren Millionen für den Lausitzring"

Seit den Terroranschlägen in den USA heißt es, dass nichts mehr ist, wie es war. Was hat sich für Sie als brandenburgischer Wirtschaftsminister durch die Anschläge in USA verändert?

Seit den Terroranschlägen in den USA heißt es, dass nichts mehr ist, wie es war. Was hat sich für Sie als brandenburgischer Wirtschaftsminister durch die Anschläge in USA verändert?

Was nicht mehr gilt, sind unsere Maßstäbe von Gefahr, die wir um eine bisher unbekannte Dimension erweitern müssen. Was passiert ist, kann sich wiederholen, deshalb müssen wir uns darauf einstellen. Und: Die Hintermänner der Terroranschläge wollten offenbar die Weltwirtschaft schwächen.

Also ein Rückschlag für die Globalisierung?

Ja, aber der Prozess wird nicht gestoppt werden. Ich warne vor dem Irrglauben, sich jetzt im wirtschaftlichen Handeln auf national-staatliche Strukturen zurück besinnen zu wollen. Ich habe Sorge, dass die Globalisierungsgegner jetzt Aufwind bekommen.

Die Unwissenheit über Amerika und die arabische Welt ist hier groß.

Wir müssen die Menschen, auch die Entscheider in der Wirtschaft, mit mehr interkulturellem Wissen ausstatten. Deshalb bereiten wir im Wirtschaftsministerium eine Serie von Seminaren über Amerika und die arabische Welt vor, die den Mitarbeitern, aber auch heimischen Unternehmern, angeboten werden sollen.

Brandenburg steht im Ruf, ein fremdenfeindliches Land zu sein. Es gibt bereits antiamerikanische und antiarabische Äußerungen, bekommt der Fremdenhass neuen Auftrieb?

Die Gefahr besteht. Wenn wir jetzt denen nachgeben, die Vorurteile schüren, verlieren wir nicht nur Ansehen. Wir werden in der internationalen Wirtschaft keinen Platz mehr haben. Das wäre verheerend.

Unsicherheit und Ängste über die weitere Entwicklung sind groß, besonders im Osten. Müssen die Brandenburger sich jetzt auf noch mehr Firmenpleiten und Arbeitslosenzahlen einstellen?

Keiner weiß, was die nächsten Monate bringen. Wir müssen uns darauf einstellen, dass die wirtschaftlichen Folgen schwierig sein können, in manchen Branchen sogar dramatisch. Etwa in der Luftfahrt-Industrie, eine unserer Erfolgsbranchen mit dem höchsten Export-Anteil. Ich schließe nicht aus, dass es dort erhebliche Einbrüche geben wird.

Die Lage im Land war schon vor den Anschlägen nicht gut: Allein im ersten Halbjahr lag das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt 1,7 Prozent unter dem Niveau des gleichen Vorjahreszeitraums.

Unsere Bilanz wird verhagelt durch Einbrüche in der Bauwirtschaft. Sie verdecken die Erfolge etwa im verarbeitenden Gewerbe, im Tourismus, im Export. Wir haben im 1. Halbjahr so viel exportiert wie noch nie.

Im Westen Deutschlands ist das Bruttoinlandsprodukt gestiegen. Vergrößert sich der Abstand zwischen West und Ost jetzt?

Man muss die Entwicklung aber differenziert betrachten: Es wird Branchen geben, wo der Abstand wächst, und Branchen, wo wir den Westen sogar überholen. Der Großraum um Berlin hat eine Eigendymamik, die nicht mehr zu brechen ist. Unser Problem sind die Randregionen, wo es noch schwieriger wird.

Es gibt immer wieder spektakuläre Insolvenzen wie im Premnitz, Renommier-Projekte wie Cargo-Lifter und Lausitz-Ring stehen auf wackligen Füßen. Wird es jetzt mehr staatliche Hilfen geben, um den Crash zu verhindern?

Aus der Lage die Konsequenz zu ziehen, der Staat muss Unternehmer spielen, ist völlig falsch. Ich habe in den letzten zwei Jahren versucht, vorsichtig umzusteuern. Es gilt der Kurs: Finger weg von maroden Betrieben, die keine Perspektive haben. Aber der Staat muss sich um Infrastruktur, um Straßen, um Gewerbeflächen, um Bildung und Kultur kümmern.

Es wird also die beantragte Nachförderung des Lausitzrings nicht geben?

Dort, wo die Betreiber berechtigte Forderungen stellen, haben sie einen Anspruch darauf. Wir prüfen dies derzeit. Klar ist: Der Staat kann kein Geld geben, wenn die Betreiber wirtschaftliche Probleme haben oder eine Kalkulation nicht aufgegangen ist. Zweistellige Millionenbeträge wird es deshalb nicht geben.

Auch die Finanzierung der in Frankfurt (Oder) geplanten Chipfabik ist nicht gesichert. Was wollen Sie tun, um das strategische Projekt zu retten?

Das Finanzierungskonzept der Betreiber Communicant geht davon aus, dass der Eigenkapitalanteil bei mindestens einem Drittel der Gesamtinvestition liegen wird, das ist mehr als bei anderen vergleichbaren Vorhaben. Communicant ist gegenwärtig dabei, das Fremdkapital zu sichern. Dabei werden verschiedene interessante Modelle entwickelt. Ziel bleibt es, die Gesamtfinanzierung bis Jahresende abzuschließen.

Gerät die Chipfabrik durch die drohende Rezession in Gefahr?

Ich bin optimistisch, dass die Fabrik genau zum richtigen Zeitpunkt fertig wird, wenn sich der Chipmarkt nach den Einbrüchen wieder erholt. Er wird, da sind sich die Experten einig, bis 2003 kräftig wachsen. Europa verbraucht etwa 25 Prozent der Weltproduktion von Chips, produziert aber nur zehn Prozent. Unser strategischer Ansatz bleibt richtig.

Könnte die Chipfabrik durch einen Krieg im arabischen Raum scheitern?

Alle Partner, egal ob Intel oder die Araber, haben nach dem Terroranschlag bekräftigt, dass sie ohne Einschränkungen zu dem Projekt stehen. Man ist sich einig: Jetzt erst recht, wir dürfen uns den Terroristen nicht beugen. Welche Auswirkungen ein Krieg haben könnte, kann niemand vorher sagen.

Unter dem Eindruck der Terroranschläge gehen die Fluggastzahlen weltweit zurück. Ist der Großflughafen noch notwendig?

Die Hauptstadtregion braucht dieses internationale Drehkreuz mehr denn je, weil Wirtschaft nur international funktioniert. Wir bauen einen internationalen Flughafen, der im EU-Vergleich mit 20 Millionen, später vielleicht bis zu 30 Millionen Passagieren allenfalls im Mittelfeld liegen wird.

Ist - nachdem das Dumping-Angebot des Bieterkonsortiums abgelehnt wurde - die geplante Inbetriebnahme 2007 realistisch?

Die nicht abgeschlossene Privatisierung ist nicht das Problem. Wir werden das Thema bis zum Jahresende abgeschlossen haben - so oder so. Das eigentliche Risiko für den Zeitplan ist das Planfeststellungsverfahren mit den zu erwartenden Gerichtsverfahren im Anschluss. Wenn das Planfeststellungsverfahren bis Ende 2003 abgeschlossen wird, wäre die Inbetriebnahme 2007 zu halten.

Seit den Terroranschlägen in den USA hei&szli

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