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Brandenburg: „Wunsch nach Selbstzerstörung“

„Neuer Gefechtsstand Anhalter Bahnhof. Bahnsteige und Schalterräume gleichen einem Heerlager.

„Neuer Gefechtsstand Anhalter Bahnhof. Bahnsteige und Schalterräume gleichen einem Heerlager. In Nischen und Winkeln drängen sich Frauen und Kinder… Lazarettzüge der SBahn, die langsam weiterrollen… Wasser spritzt in unseren Gefechtsstand. Schreie, Weinen, Flüche… Die Massen stürmen über die Schwellen. Lassen Kinder und Verwundete zurück. Menschen werden zertreten… Am Spätnachmittag zur Station Potsdamer Platz. Gefechtsstand in der 1. Etage, da untere Schächte noch unter Wasser. Einschläge durch die Decke. Schwere Verluste unter Verwundeten und Zivilisten… Draußen explodieren Stapel von Panzerfäusten im russischen Feuer.“

(Aus dem Tagebuch eines deutschen Panzeroffiziers. Zitiert nach: „Chronik Berlin“, Chronik Verlag im Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh/München 1986)

An der Front in Berlin, aus russischer Sicht: „Insbesondere die Volkssturmbataillone, also die Einheiten, deren Gros aus älteren Leuten oder Jugendlichen bestand, waren mit Panzerfäusten ausgerüstet. Diese Panzerfaustschützen, die fast keine militärische Schulung und wenig Kampferfahrung besaßen, waren gefährliche Gegner unserer Truppen. (…) Die Volkssturmmänner schienen von einem Gefühl erfaßt, das am treffendsten als hysterischer Wunsch nach Selbstzerstörung bezeichnet werden kann. Diese Verteidiger des Dritten Reiches, zu denen auch viele Jugendliche zählten, glaubten und hofften bis zur letzten Minute, daß sich ein Wunder ereignen würde.“

(Aus den Erinnerungen des Marschalls Konjew. Zitiert nach: „Der Kampf um Berlin 1945 in Augenzeugenberichten“, herausgegeben von Peter Gosztony, Karl Rauch Verlag, Düsseldorf 1970)

Im Reichskanzleibunker: „Am 26. April zwischen 18 und 19 Uhr traf Generaloberst Ritter von Greim nach abenteuerlicher Reise im Reichskanzleibunker ein. Er war zunächst nach Rechlin gelofen, von dort in einer anderen Maschine zum Flugplatz Gatow gebracht worden und schließlich – immer von der Fliegerin Hanna Reitsch begleitet – mit einer Schulmaschine zum Flug ins Zentrum der Reichshauptstadt gestartet. Über Berlin erhielten sie Beschuß, Greim wurde am rechten Fuß verwundet, konnnte aber noch, unterstützt von Hanna Reitsch, die kleine Maschine auf der Ost-West-Achse zu Boden bringen. In einem requirierten Auto waren die beiden schließlich zur Reichskanzlei gelangt. (…) Anschließend gab Hitler Greim eine rosige Schilderung der allgemeinen Lage, ernannte ihn dann zum Oberbefehlshaber der Luftwaffe und beförderte ihn zum Generalfeldmarschall. Es war die 29. derartige Beförderung, die Hitler vornahm, fast das Doppelte der Zahl, die Napoleon erreichte. Greim, der nach langem Flug über das besetzte, in zwei Teile zerrissene Land höchst deprimiert zu Hitler gekommen war, blühte bei dessen phantastischer Lageschilderung förmlich auf, vergaß alle Schmerzen und sah den deutschen Endsieg greifbar vor sich liegen.“

(Max Domarus: „Hitler. Reden und Proklamationen. 1932–1945“, Süddeutscher Verlag, München)

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