zum Hauptinhalt

Brandenburg: Zaghaftes Leben in der Waldstadt

Die ersten 100 Mieter wohnen im früheren russischen Oberkommando Wünsdorf VON CLAUS-D.STEYER Waldstadt.

Die ersten 100 Mieter wohnen im früheren russischen Oberkommando Wünsdorf VON CLAUS-D.STEYER

Waldstadt.Im neuesten Verzeichnis der Postleitzahlen steht die Neuschöpfung mit Nummer schon drin: 15.838 Waldstadt.Dahinter versteckt sich das vor etwas mehr als zwei Jahren aufgegebene frühere russische Oberkommando Wünsdorf, rund 30 Kilometer südlich Berlins.Da Waldstadt viel besser klingt als Wünsdorf haben sich die Planer für die 100 Jahre alte Militärsiedlung den verlockenderen neuen Ortsnamen ausgedacht.Ursprünglich sollte das 570 Hektar große Areal die Bezeichnung Zehrensdorf erhalten, denn dieser Ort mußte 1906 einem Übungsplatz für das kaiserliche Heer weichen und steht noch heute in den alten Unterlagen. Die Waldstädter Einwohner kennen sich derzeit noch persönlich.Gerade 100 Wohnungen sind in dem riesigen Gebiet beiderseits der Bundesstraße 96 hergerichtet worden, 74 sind bewohnt."Wir liegen aber voll im Zeitplan", sagt der Geschäftsführer der vom Land eingesetzten Entwicklungsgesellschaft, Jürgen Baumann.Ende 1998 sollen schon 3000 bis 3500 Einwohner hier wohnen.In zehn Jahren will Bürgermeister Wolfgang Metz, der offiziell noch den Status eines Landesbeauftragten trägt, den 10.000.Waldstädter begrüßen."Die werden nicht nur in sanierten Soldatenunterkünften wohnen, sondern auch in Eigenheimen in einer wunderschönen Gegend", verspricht Metz.Die Planungen beginnen demnächst. Der erste renovierte Wohnblock erinnert nicht mehr an die militärische Geschichte: Hell, großzügig geschnitten, Balkon mit Blick auf viele Bäume.Ralf Stroh, einer der ersten Mieter möchte mit seiner Plattenwohnung in Berlin-Marzahn nicht mehr tauschen: "Endlich konnten wir ins Grüne." Sein Umzug war allerdings berufsbedingt.Der Staatliche Munitionsbergungsdienst verlegte seinen Dienstsitz von Potsdam in die Waldstadt.Die große Mehrheit der rund 400 Landesbediensteten pendelt aber jeden Morgen noch in die einst "verbotene Stadt".20 Minuten braucht die Regionalbahn von Berlin-Mitte, 40 Minuten von Potsdam. "Die Angestellten der Landesbehörden müssen wohl noch eine Art Hemmschwelle überspringen, ehe sie sich für einen Umzug entscheiden", sagt Geschäftsführer Baumann.Viele Mitarbeiter hätten nicht gerade gejubelt, als ihr Amt an einen neuen Ort verlegt wurde."Viele fühlten sich zwangsversetzt und brauchen deshalb eine Weile, um sich mit der neuen Heimat anzufreuden." Aber jetzt, gibt sich Baumann optimistisch, würden zwei- und dreigeschossige Häuser aus der Kaiserzeit hergerichtet."Da sind echte Schmuckstücke dabei." Derzeit werkeln Bauleute an rund 1000 Wohnungen.Sie sind an sechs große Immobilienfirmen verkauft worden.Sie finden ihre Mieter derzeit noch in der näheren Umgebung der Waldstadt.Die großen Werbeaktionen in Berlin und anderen Städten beginnt jetzt erst. Einige der neuen Bewohner haben Arbeit in kleinen Gewerbebetrieben gefunden.Im letzten Jahr sind 40.000 Quadratmeter verkauft worden.Auf 35 bis 55 Mark konnte der Verkaufspreis hochgeschraubt werden.Ursprünglich war nur von 15 Mark ausgegangen worden.Diese zusätzlichen Erlöse stimmen die Entwicklungsgesellschaft zuversichtlich, trotz der zurückgefahrenen Fördermittel weiter im bisherigen Tempo die Waldstadt herzurichten.15 Millionen Mark hat die Entwicklungsgesellschaft in diesem Jahr umgesetzt. Keine Lösung gibt es für das große Haus der Offiziere, die einst die Heeressportschule beherbergte.Jetzt wird weltweit nach Ideen gesucht.Dabei soll der davor auf einem Denkmalsockel stehende Lenin auf jeden Fall in der Waldstadt erhalten bleiben.

CLAUS-D.STEYER

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false