zum Hauptinhalt

Brandenburg: Zehntausend marschieren gegen das Bombodrom

Kyritz-Ruppiner Heide soll touristisches Erholungsgebiet werden

Knapp zehntausend Menschen haben am Ostersonntag gegen das „Bombodrom“ protestiert. Der Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) appellierte dabei erneut an Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU), auf die militärische Nutzung des Gebietes endlich zu verzichten. Die Bundeswehr will über dem 144 Quadratkilometer großen Areal in der Kyritz-Ruppiner Heide regelmäßig Tiefflüge und das Abwerfen von Bomben trainieren. Da mehrere Klagen gegen die Pläne des Bundes anhängig sind, darf die Luftwaffe das Gelände bei Wittstock vorerst nicht nutzen.

Zum Abschluss des Marsches bildeten die Teilnehmer am Rand des Areals einen großen Kreis, im Mittelpunkt drei große Transparente mit durchgekreuzten Tornados. Die Aktion sollte den Protest gegen den Einsatz deutscher Militärflugzeuge in Afghanistan symbolisieren. Die Veranstaltung gegen das „Bombodrom“ war wie in den vergangenen Jahren der bundesweit größte Ostermarsch.

In seiner Ansprache betonte Platzeck, dass die betroffenen Menschen in der strukturschwachen Grenzregion zwischen Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nach jahrelanger Ungewissheit endlich Klarheit brauchten. „Wir wollen, dass man hier naturnahen Urlaub machen kann – das schließt Tiefflüge allerdings aus“, sagte Platzeck. Schon jetzt seien zahlreiche notwendige Investitionen in die Kommunen wegen der unklaren Rechtslage unterblieben. Der Ministerpräsident würdigte auch das jahrelange Engagement der Bürgerinitiative „Freie Heide“ und des Mecklenburger Bündnisses „Freier Himmel“, die sich für eine friedliche Nutzung des Areals einsetzen. „Der jahrelange, gewaltfreie Widerstand ist ein gutes Beispiel für gelebte Demokratie“, sagte Platzeck. Nun müsse neben der juristischen auch die politische Entscheidung gefällt werden. Die Vizepräsidentin des Bundestages, Petra Pau (Linkspartei/PDS), sagte während des Marsches, sie erwarte einen Sieg der Bundeswehrgegner: „Alles andere wäre ein Affront.“

Unterstützung bekamen die zum Teil aus mehreren Bundesländern angereisten Demonstranten auch vom Mecklenburger SPD-Landesvorsitzenden und Landwirtschaftsminister Till Backhaus, der ebenfalls als Redner an den Protesten teilnahm. Er betonte, dass auch die neue Mecklenburger Landesregierung aus CDU und SPD an der Klage gegen die Bundesregierung festhalten werde.

Zuvor hatte die evangelische Gemeinde von Fretzdorf zu einer Andacht eingeladen. Der aus der katholischen Kirche ausgetretene Paderborner Theologe Eugen Drewermann griff dabei die Bundesregierung wegen des Tornado-Einsatzes in Afghanistan scharf an und kritisierte die Nato als eine „kriminelle Vereinigung“. Drewermann warnte vor einer zunehmenden Militarisierung der Gesellschaft und sprach mit Blick auf die Nutzung des Militärflughafens in Frankfurt am Main durch die US-Luftwaffe von einer indirekten Unterstützung des Irak-Krieges durch die Bundesregierung.

Der gerichtliche Streit über den Luft-Boden-Schießplatz bei Wittstock geht am 15. Mai in die vorerst letzte Runde. Die seit 1992 währende Auseinandersetzung, bei der die Bundeswehr zahlreiche Niederlagen hinnehmen musste, droht zum längsten Verwaltungsgerichtsprozess in der Geschichte der Bundesrepublik zu werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false