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Wewetzer

© Kai-Uwe Heinrich

Kolumne: Dr. WEWETZER: Blick ins Herz

Unser Gesundheitsexperte fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin. Heute: Weniger Strahlenbelastung dank neuer Technik

Ungefähr 700 000 Herzkatheter-Untersuchungen werden jedes Jahr in Deutschland gemacht. Dabei wird ein dünner Schlauch bis ins Herz vorgeschoben. Meist, um festzustellen, ob die Herzkranzgefäße verengt sind und ein Infarkt droht. Oft ist so eine Untersuchung eindeutig erforderlich, und häufig kann ein verengtes Herzkranzgefäß bei dieser Gelegenheit gleich geweitet und wieder durchlässig gemacht werden. Aber längst nicht immer. Bei etwa jeder zweiten Katheter-Untersuchung wird einfach nur nachgeschaut, ob das Herz gesund ist. Für diese Fälle könnte es bald eine weniger aufwendige und komplikationsärmere Alternative geben: eine Computertomografie (CT), also eine Röntgenaufnahme des Herzens.

Erprobt wird die CT-Technik von Marc Dewey von der Berliner Charité mit Hilfe eines 320-Schicht-Computertomografen. Diese Geräte sind in der Lage, das gesamte Herz in Bruchteilen einer Sekunde zu „fotografieren“, eine gute Bildqualität zu liefern und zugleich die Strahlenbelastung für den Patienten deutlich zu verringern, verglichen mit früheren CT-Aufnahmen des Herzens. Die vergleichsweise hohe Strahlendosis war bisher ein Grund, eine Herz-CT eher abzulehnen. Aber die neuen Geräte sind in dieser Hinsicht „verträglicher“ als selbst eine Herzkatheter-Untersuchung, die unter Röntgendurchleuchtung erfolgt und daher auch eine gewisse Belastung mit sich bringt.

Eine Zeit lang hatten Radiologen gehofft, dass die Magnetresonanz-Tomografie (MRT) zur Alternative für den Herzkatheter werden könnte. Der große Vorteil: keine Strahlenbelastung. Aber die Aufnahmen des schlagenden Herzens erwiesen sich als zu ungenau. „Leider ist man vom MRT fürs Herz wieder abgekommen“, sagt Dewey.

Der Radiologe hat die Qualität des neuen Herz-CT mit Herzkatheter-Untersuchungen bei 30 Patienten verglichen. Dabei ergab sich, dass die CT-Untersuchung von den Patienten als angenehmer und weniger schmerzhaft angesehen wurde und sich zudem Gefäßverengungen ähnlich gut erkennen lassen wie mit dem Herzkatheter. Ganz „unblutig“ geht es auch mit CT nicht ab, denn die Patienten benötigen ein Röntgenkontrastmittel, das in die Vene gespritzt wird.

Für die Herz-CT kommen Patienten in Frage, bei denen ein gewisser Verdacht auf eine Gefäßverengung besteht, deren Beschwerden aber „untypisch“ sind. Weiterhin eine Herzkatheter-Untersuchung sollten dagegen jene bekommen, die die klassischen Symptome einer koronaren Herzkrankheit haben. Also massives, krampfartiges Engegefühl in der Brust, ein Stärkerwerden der Beschwerden bei körperlicher Belastung und ein Schwächerwerden in Ruhe oder nach Gabe von Nitrospray. Sind die Symptome so eindeutig, bleibt es beim Herzkatheter.

Dewey testet die Herz-CT im direkten Vergleich mit Katheter bei einer großen Patientenzahl. Vom Ergebnis hängt auch ab, ob die Krankenkassen das Verfahren bezahlen werden. An Geräten mit noch weniger Strahlenbelastung und noch besserer Bildqualität wird schon gearbeitet.

Unser Kolumnist leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegels. Haben Sie eine Frage zu seiner guten Nachricht?

Bitte an: Sonntag@Tagesspiegel.de

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