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Internetüberwachung: Die Zukunft passiert jetzt

Der Suchmaschinenbetreiber Google und der US-Geheimdienst CIA haben sich gemeinsam an einer Gesellschaft zur Überwachung des Internet in Echtzeit beteiligt. Welche Idee steckt dahinter?

Viele Unternehmen sammeln detaillierte Informationen über ihre Kunden, um daraus Nutzerprofile zu erstellen und bestimmte Konsumgewohnheiten vorauszusagen. Aber nicht nur Handelskonzerne oder Kreditkartenfirmen speichern fleißig Daten, auch der Suchmaschinengigant Google und der US-Geheimdienst CIA interessieren sich für digitale Spähtechniken. Nach einem Bericht des US-Magazins „Wired“ vom vergangenen Mittwoch (www.wired.com) haben sowohl Google über seine Investmentabteilung Google Ventures als auch die CIA-Tochterfirma In-Q-Tel in ein Software-Unternehmen investiert, das mittels Netzwerkanalyse und Weblog-Beobachtung die Internetkommunikation in Echtzeit überwachen will. Das erklärte Ziel: Durch Verknüpfung von Ereignissen und Personen in Gegenwart und Vergangenheit sollen möglichst exakte Prognosen für Ereignisse und Entwicklungen in naher Zukunft erstellt werden. Das Unternehmen mit dem bezeichnenden Namen „Recorded Future“ (aufgezeichnete Zukunft) analysiert tausende Webseiten, Twitter-Konten, Foreneinträge und Blogs, um den „verborgenen Zusammenhängen“ zwischen Personen, Organisationen und Ereignissen auf die Spur zu kommen.

Möglich machen soll das Ganze eine spezielle Analysesoftware, die die „unsichtbaren Links zwischen Dokumenten, der Kommunikation über sie und den damit verbundenen Entitäten und Ereignissen“ untersuche, wie es in einem öffentlichen Arbeitspapier des Startup-Unternehmens heißt. Dazu wertet „Recorded Future“ Informationen und Mitteilungen unterschiedlichster Web 2.0-Plattformen aus, wie dem Bilderdienst Flickr, der Videoplattform YouTube und dem Textnachrichtendienst Twitter, aber auch Weblog-Einträge inklusive der dazugehörigen Kommentare sowie Produktrezensionen beim Internet-Versandhaushändler Amazon. Mittels Visualisierungstechniken ließen sich anschließend komplexe Zusammenhänge verständlich machen, so dass sich daraus Schlussfolgerungen für die Zukunft ableiten ließen, heißt es bei der Firma. Die Beteiligung von CIA und Google scheint nun für die Ernsthaftigkeit des Unternehmens zu sprechen.

Um Ereignisse und Entwicklungen vorherzusagen, müsse man lediglich untersuchen, wer an bestimmten Ereignissen beteiligt war, und wo und wann etwas in der Jetztzeit passiere, behauptet „Recorded Future“. Dass bedeutet allerdings nicht, dass das Unternehmen unbegrenzt zukünftige Ereignisse voraussagen kann. Der Ansatz, öffentlich zugängliche Quellen auszuwerten, ist ebenfalls nicht neu. Das Besondere bei „Recorded Future“ ist wohl eher die Geschwindigkeit, mit der Analysen erstellt werden sollen. „Wir können hier wirklich in Echtzeit Dossiers über beliebige Personen anfertigen“, behauptet Christopher Ahlberg, Firmenchef von „Recorded Future“. Nach seiner Aussage lässt sich in vielen Fällen der Verlauf von Ereignissen als Kurve präzise darstellen und mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen. Dabei würden Ergebnisse in Echtzeit aus dem Internet in die Analyse mit einfließen, beispielsweise durch Nutzerbeiträge aus Foren oder Blogs in Verbindung mit der dort vorherrschenden Meinung.

Das Ganze soll dann fast so einfach ablaufen wie eine Suchanfrage im Internet. Wie leicht eine Terrorismusanalyse funktionieren könnte, erläutert das Unternehmen in einem Video auf der Firmenseite (www.recordedfuture.com). Der Firmenchef verweist auf einen Vorfall aus dem März dieses Jahres. Der israelische Präsident Schimon Peres hatte damals der Hisbollah vorgeworfen, im Besitz von Langstreckenraketen zu sein. Durch Analyse früherer Äußerungen von Hisbollah-Chefs hatte „Recorded Future“ die israelischen Anschuldigungen unmittelbar danach untermauern können.

Kritiker von Google erhalten durch die Zusammenarbeit mit der CIA allerdings neue Nahrung. Zwar ist es offenbar das erste Mal, dass sich Google und die CIA an demselben Unternehmen beteiligen. Dennoch gibt es Bedenken, was mit der Nutzung und Verwendung der riesigen Datenmengen geschieht. Schließlich speichert Google nicht zuletzt sämtliche Suchanfragen, E-Mails, Karten und Online-Dokumente in gigantischem Ausmaß. Zudem gab es bereits in der Vergangenheit Geschäftsbeziehungen zwischen dem Suchmaschinenkonzern und In-Q-Tel. So unterstützte die CIA-Tochter beispielsweise die Softwarefirma Keyhole, die den Vorläufer des Programms von Google Earth entwickelte und 2004 dann von Google gekauft wurde, um später gestochen scharfe Einblicke in sämtliche Regionen des Planeten zu ermöglichen. Erinnert sei zudem an den Datenskandal im Zusammenhang mit der Speicherung von offenen W-Lan-Netzen während des Fotografierens ganzer Städte für den Google-Dienst Street View.

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