zum Hauptinhalt
Matthias Platzeck sieht die Herausforderungen auf sich zu kommen.

© dpa

Neuer Anlauf beim BER: Sagen, was ist

Matthias Platzeck tritt eine glücklose Arbeit an der Spitze des BER-Aufsichtsrates an. Der Katalog an Forderungen, der an ihn herangetragen wird, ist lang. Platzeck hat das Potenzial, ihn abzuarbeiten.

Entweder der Flughafen kommt zum Fliegen, oder ich fliege.“ Selten wohl hat ein Politiker sein berufliches Schicksal vor einem Millionenpublikum so deutlich mit dem Erfolg eines überaus heiklen Projekts verbunden wie Matthias Platzeck am Sonntagabend in der Fernsehsendung von Günther Jauch. Brandenburgs Ministerpräsident soll am Mittwoch zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Flughafengesellschaft gewählt werden. Er tritt dabei die Nachfolge von Klaus Wowereit an. Dessen Arbeit an der Spitze des Kontrollgremiums als glücklos zu bezeichnen, ist eine Freundlichkeit.

Obwohl es von CDU und CSU kritische Anmerkungen zur Rochade mit dem Berliner Regierungschef gegeben hat, ist Platzeck die Zustimmung aller Gesellschafter sicher. Die Vertrauensabstimmung im Landtag in Potsdam hat er am Montag gewonnen, die rot-rote Koalition steht geschlossen hinter ihm. Was sollte sie auch sonst tun? Seine Prognose, dass er bei der Landtagswahl im Herbst 2014 an den Fortschritten beim Flughafenbau gemessen werden wird, ist trotzdem nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte ist dies: Gut möglich, dass eine Mehrheit der Brandenburger Platzecks Koalition bei der Wahl auch dann das Vertrauen ausspricht, wenn man im März vor der Wahl nicht weiß, ob das Projekt BER wirklich aus der Skandal- in die Gelingensphase eingetreten ist. Dürfte er unter diesen Bedingungen überhaupt antreten? Seine Entweder-oder-Formulierung bei Jauch macht eine positive Antwort auf die Frage nicht selbstverständlich.

Vorerst aber geht es erst einmal um Vertrauen und um Offenheit. Das Vertrauen vieler Berliner und Brandenburger ist Platzeck wohl sicher. Offenheit hat er zumindest angekündigt, sie würde zu ihm passen. Klaus Wowereit hat sich in den vergangenen Monaten seiner Umgebung gegenüber zunehmend verschlossen, wenn es um den Flughafen ging. Mancher Mitarbeiter wagte schon nicht mehr, ihn mit Sorgen oder Bedenken in Sachen BER anzusprechen, so gereizt war der Herr im Roten Rathaus. Die immer neuen Katastrophenmeldungen nahmen ihn mehr mit, als er zugeben wollte. Einem sonst immer auf Präzision und Fakten drängenden Politiker wie Wowereit konnte ja auch nicht egal sein, was da lief.

Nun also Platzeck. Offenheit muss für ihn bedeuten, sich selbst und auch die Öffentlichkeit umgehend über den Stand der Dinge zu informieren. Die Geheimniskrämerei bei einem Projekt, das ausschließlich mit öffentlichen Geldern finanziert wird, muss vorbei sein. Künftig muss man auf der Homepage der Flughafengesellschaft nachlesen können, was Stand der Dinge ist. Hier sollten auch die ganzen Gerüchte und Latrinenparolen über schiefe

Tower, absaufende Parkhäuser und unterspülte Startbahnen umgehend dementiert – oder bestätigt werden. Offenheit sollte auch heißen, sich um die Leidtragenden des Debakels zu kümmern. Das sind die Anlieger von Tegel, die mehr Lärm ertragen müssen, und das Jahre länger. Das sind die Geschäftsleute, die in Schönefeld große Summen investiert haben und jetzt in ihrer Existenz gefährdet sind. Das sind die vielen tausend Mitarbeiter der Flughäfen und der Baufirmen, die in den letzten Monaten irgendwie alle als Deppen dargestellt wurden.

Der Forderungskatalog ist lang für einen einzelnen Menschen. Platzeck hat das Potenzial, ihn abzuarbeiten. Sein offener Stil im Umgang mit Menschen, die Fähigkeit zuhören zu können, werden ihm dabei helfen. Es gibt keinen Grund, ihn zu glorifizieren. Einen guten Start aber sollten ihm alle wünschen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false