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© dpa-Zentralbild

Zossen: Neonazi zündete "Haus der Demokratie" an

Bis auf die Grundmauern war das "Haus der Demokratie" in der Nacht zum 23. Januar abgebrannt. Ein 16-Jähriger hat den Brandanschlag in Zossen nun gestanden. Die Initiative "Zossen zeigt Gesicht" erhebt schwere Vorwürfe gegen Polizei und Bürgermeisterin.

Zossen – Er wollte dazugehören, zu den Neonazis von Zossen (Teltow-Fläming). Dafür zündete der 16-jährige Daniel S. vor einer Woche das „Haus der Demokratie“ an, eine Baracke aus DDR-Zeiten, wo die Initiative „Zossen zeigt Gesicht“ Projekte gegen braune Umtriebe anbot und eine Ausstellung über das jüdische Leben in der Stadt zeigte. Seit Freitag sitzt Daniel S. in Haft, er hat ein Geständnis abgelegt und auch die rechtsextreme Motivation für die Brandstiftung eingeräumt.

Bis auf die Grundmauern war das „Haus der Demokratie“ in der Nacht zum 23. Januar abgebrannt. Schon beim Eintreffen der Feuerwehr hatten Rechtsextremisten vor dem brennenden Gebäude posiert und sich gegenseitig johlend fotografiert. Die Ermittler haben sie erst als Zeugen vernommen, später als Verdächtige. Schließlich stießen sie auf Daniel S., der sich dem Neonazi-Trupp anschließen wollte. Mit rund 70 Mitgliedern sind die „Freien Kräfte Teltow-Fläming“ aus der Gegend um Zossen eine der aktivsten Gruppierungen im Land, die als extrem gewaltbereit gelten. Gegenwehr gibt es in Zossen bislang nur durch Mitglieder der Initiative „Zossen zeigt Gesicht“. Innenminister Rainer Speer (SPD) sagte, dass rechte Brandstifter gefasst werden, sei „ein Stück Ermutigung für alle, die wie in Zossen Gesicht gegen den Rechtsextremismus zeigen“.

Das Feuer ist dennoch der vorläufige Höhepunkt in einer ganzen Reihe von Drohungen und Attacken gegen die Initiative. Und auch sonst ist in Zossen mit seinen 17 000 Einwohner vieles anders. Migranten hätten hier Angst, sagt Nadja Hitzel-Abdelhamid vom Verein Opferperspektive. Während im Land das Leitbild „Tolerantes Brandenburg“ und der Kampf gegen die Extremisten von rechts in den meisten Städten zum guten Ton gehört, ist Zossen tief gespalten.

Die Initiative „Zossen zeigt Gesicht“ hatte sich gegründet, nachdem Neonazis im Dezember 2008 eine Gedenkkundgebung für Zossener Juden gestört hatten. „Das war ein schockierendes Erlebnis für uns“, sagt Jörg Wanke (43). Er ist Sprecher der Initiative und wurde selbst schon bedroht. Am Büro des Versicherungsmaklers stand im Sommer in brauner Farbe „Volksverräter“ und „linke Sau“. Ein anderes Mal schmierten sie „Zossen bleibt braun“ und „Jörg Wanke wird bald sterben“. „Ermittelt hat die Polizei bislang niemanden“, sagt Wanke. Auch nicht, wer das „Haus der Demokratie“ kurz nach der Eröffnung im September verwüstet hat.

Unterstützung von der Bürgermeisterin Michaela Schreiber gibt es nicht. Das Transparent „Tolerantes Brandenburg“ wollte sie am Rathaus nicht sehen, als das „Haus der Demokratie“ öffnete. Als am Mittwoch 130 Bürger zum Holocaust-Gedenktag auf dem Marktplatz an die Schicksale der von den Nationalsozialisten ermordeten Zossener erinnerten, verweigerte Schreiber den Strom für Licht und Lautsprecher. Zudem hat sie der Initiative mehrfach vorgeworfen, zu linkslastig zu sein und daher Ärger mit den Neonazis erst zu provozieren. Trotz mehrerer Anfragen äußerte sich die Bürgermeisterin nicht zu den Vorwürfen.

Auch die Polizei hielt sich auffällig zurück. Als die Zossener die Namen der Nazi-Opfer laut vorlasen, riefen 30 Neonazis „Lüge“, einige zeigten den „Hitlergruß“. Die Beamten schritten jedoch nicht ein, „mangels Rechtsgrundlage“, sagte ein Sprecher. Teltow-Fläming- Landrat Peer Giesecke (SPD) hat dafür kein Verständnis: „Holocaustleugnung ist strafbar.“

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