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"Büdingen braucht Sicherheit und Heimatliebe" steht in Büdingen in der Wetterau (Hessen) auf einem Wahlplakat der NPD zur Kommunalwahl. Die rechtsextreme NPD kam hier bei den Kommunalwahlen auf 14 Prozent der Stimmen.

© dpa

Syrer retten rechten Politiker aus Autowrack: NPD würdigt "humane Leistung" der Flüchtlinge

Im hessischen Büdingen wurde ein NPD-Politiker von syrischen Flüchtlingen gerettet. Während der Mann noch im Krankenhaus liegt, bedankt sich seine Partei halbherzig bei den Helfern.

Es ist eine Geschichte, die nicht jeder glauben möchte: In Mittelhessen ist ein NPD-Politiker von zwei Flüchtlingen aus Syrien nach einem schweren Unfall aus dem Autowrack gezogen worden. Doch auch die rechtsradikale Partei sieht zögerlich ein, dass zumindest ein kleines Dankeschön angebracht scheint.

Der Reihe nach: Stefan Jagsch trat bei der Kommunalwahl in Altenstadt (Wetteraukreis) als Spitzenkandidat der NPD an. Die Partei erhielt zehn Prozent der Stimmen. Noch 2007 war Jagsch auf einer Demonstration in Nidda mit einem Wahlplakat der NPD zu sehen. Die Aufschrift: "Stoppt die Islamisierung unserer Heimat!" Besagter Jagsch war auf der B 521 mit seinem weißen VW-Bulli zwischen Altenstadt und Büdingen unterwegs. Aus noch unbekannten Gründen kam er von der Straße ab und prallte frontal gegen einen Baum. Zufällig fuhr ein Bus mit Flüchtlingen an der Unfallstelle vorbei. Zwei syrische Flüchtlinge stiegen aus, zogen den NPD-Politiker aus dem Auto und leisteten erste Hilfe - sie warteten, bis der Rettungswagen am Unfallort eintraf. Ob es dabei auch zu einer Mund-zu-Mund-Beatmung kam, ist nicht bekannt.

"Beschäme deine Feinde durch deinen Anstand."

Normalerweise verzichtet die Polizei auf die Namensnennung von Unfallopfern. Erst durch eine Recherche der "Frankfurter Rundschau" wurde bekannt, dass es sich um einen NPD-Mann und Flüchtlinge handelt. In Büdingen, 50 Kilometer nordöstlich von Frankfurt, gibt es seit Dezember eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge. Der Journalist Hanning Voigts war zufällig an die Informationen gelangt und hatte die Geschichte verbreitet.

Die Information, dass es sich bei den Helfern um Flüchtlinge handelt, bekam Voigts von einem Einsatzbeteiligten der Freiwilligen Feuerwehr Büdingen, wie er in einem Interview auf hessenschau.de erzählt.

Viele Medien griffen die Geschichte auf - auch international. So zum Beispiel die britische Zeitung "The Independent". Es lassen sich Texte auf Italienisch, Spanisch und Französisch finden.

Auch in den sozialen Netzwerken überschlagen sich die Kommentare. Der hessische Minister für Wirtschaft, der Grünen-Politiker Tarek Al-Wazir, twitterte ein syrischen Sprichwort: "Beschäme deine Feinde durch deinen Anstand." Die bekannten Kanäle der NPD schwiegen bisher zu dem Fall.

"Aber wenn ich das in der Zeitung lese, ist das für mich noch keine Tatsache"

Während sich die Meldung verbreitete, lag Unfallopfer Jagsch im Krankenhaus - er kann sich angeblich an nichts erinnern. Der "Hessische Rundfunk" hat den NPDler ans Telefon bekommen. "Wenn es so war, ist es lobenswert, dass mir syrische Flüchtlinge geholfen haben. Aber wenn ich das in der Zeitung lese, ist das für mich noch keine Tatsache", sagt er. Der Landesvorsitzende der NPD, Christoph Fiedler, sagte der "Frankfurter Rundschau", Jagsch gehe es "den Umständen entsprechend". Allerdings könne sich Jagsch selbst "nicht wirklich an den Unfall erinnern". Auch über die Unfallursache sei weiterhin nichts bekannt. Die Hilfe der Syrer bezeichnete der NPD-Vorsitzende als "wohl eine sehr gute, humane Leistung".

Wird sich Jagsch bei den Flüchtlingen bedanken? Journalist Voigts hält dies für möglich: "Menschlich ist er lange nicht so unangenehm, wie man es von jemandem erwarten würde, der solche Gedanken im Kopf hat. Deswegen halte ich nicht für ausgeschlossen, dass er sich bedankt." Es ist nicht das erste Mal, dass Voigts über Jagsch berichtet: Einst hatte der Journalist für die Entlassung des NPD-Politikers gesorgt. Er hatte öffentlich gemacht, dass Jagsch in einem Jobcenter in Frankfurt arbeitet, woraufhin dieser kurzzeitig seinen Job verloren hatte.

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