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Ein Mann hat eine Fahne mit Logo der Identitären Bewegung geht im Rahmen einer Kundgebung vom Kornmarkt in Bautzen (Sachsen) durch die Innenstadt.

© dpa

Gewalttaten bis hin zu Tötungsdelikten: Regierung warnt vor "Reichsbürgern" und "Identitärer Bewegung"

In Sachsen-Anhalt schoss ein "Reichsbürger" auf Polizisten, ein ehemaliger "Mister Germany" erklärte sein Anwesen zum Ministaat. Solche Probleme könnten zunehmen.

Von Frank Jansen

Die Umtriebe der mehrheitlich rechtsextremen Bewegung der „Reichsbürger“ bereiten der Bundesregierung Sorgen. Das aggressive Verhalten gegen Vollzugsbeamte belege, „dass zumindest in Teilen der Bewegung anlassbezogen auch vor schwersten Gewalttaten bis hin zu Tötungsdelikten nicht zurückgeschreckt wird“, warnt das Innenministerium jetzt in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünenfraktion zur rechten Gefahr in Deutschland. „Die Nichtanerkennung hoheitlicher Maßnahmen dürfte die Hemmschwelle zur Begehung von Gewaltdelikten insbesondere im Rahmen von Vollzugsmaßnahmen gegen eingesetzte Beamte herabsetzen“, heißt es in dem Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt.

Das Ministerium verzichtet zwar darauf, Beispiele zu nennen, dennoch dürften zwei Gewalttaten vom August den Ton der Antwort beeinflusst haben. In der Gemeinde Korb in Baden-Württemberg schleifte ein Reichsbürger mit seinem Auto einen Polizisten mit, der den Ausweis des Mannes sehen wollte. Ein weiterer Beamter stoppte den Wagen mit einem Schuss in einen Reifen. Eine Woche darauf kam es zu einem noch härteren Vorfall.

In Sachsen-Anhalt schoss im Ort Reuden der Reichsbürger Adrian U. auf Polizisten, die zur Zwangsräumung seines Grundstücks anrückten. Beamte eines Spezialeinsatzkommandos feuerten zurück, U. wurde mehrmals getroffen. Drei Polizisten erlitten leichte Verletzungen. Vor dem Schusswechsel hatten weitere Reichsbürger, die zur Unterstützung von U. gekommen waren, Steine geworfen.

Zwangsmaßnahmen gegen „Selbstverwalter“

Adrian U., der 1998 bei einem Schönheitswettbewerb zum „Mister Germany“ gekürt worden war, hatte sein überschuldetes Anwesen zum „Staat Ur“ erklärt. Die Sicherheitsbehörden zählen U. zum Milieu der „Selbstverwalter“. Das sind Reichsbürger, die ihre Immobilie zu Ministaaten erklären und behaupten, die Behörden der Bundesrepublik hätten kein Zugriffsrecht. Beamte, vor allem Gerichtsvollzieher, sind bei Zwangsmaßnahmen gegen „Selbstverwalter“ oft gezwungen, die Hilfe der Polizei in Anspruch zu nehmen. Im Fall Adrian U., der im Internet massiv gegen die Behörden gehetzt hatte, setzte die Polizei beim Termin im August 200 Beamte ein.

Das Innenministerium befürchtet eine Zunahme solcher Probleme. Es sei nicht auszuschließen, „dass sich der Aktionismus und die Aggression im sogenannten Reichsbürgermilieu verstärken und es zu Radikalisierungseffekten kommt“, heißt es in der Antwort auf die Anfrage der Grünen. Ähnlich bewertet das Innenministerium zudem eine weitere rechtsextreme Bewegung: die Identitären.

Sie versuchen mit provokativen Aktionen, ihre Wahnvorstellung vom „großen Austausch“ des deutschen Volkes durch Flüchtlinge und andere Migranten zu propagieren. Ende August besetzten Identitäre das Brandenburger Tor, entrollten ein Transparent und schwenkten Rauchfackeln. Im Rahmen der sogenannten Flüchtlingskrise könne in der Agitation der Identitären Bewegung „eine weitere Radikalisierung festgestellt werden“, teilt das Innenministerium mit. Zuwanderer islamischen Glaubens würden als „Besatzer“ angesehen. Die von Muslimen mitgebrachte Kultur sähen die Identitären „ausschließlich als Bedrohung für die westliche Wertegemeinschaft“.

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