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Rechtsextreme Gewalttaten: Kein Grund zur Beruhigung

Die Polizei hat 2016 in den ersten elf Monaten mehr als 3600 fremdenfeindliche Delikte registriert. Wie dramatisch ist die Lage wirklich?

Von Frank Jansen

Rechte Hetze gegen Flüchtlinge und andere Migranten hat auch 2016 wieder viele Opfer gefordert. Nach vorläufigen Erkenntnissen der Polizei wurden von Januar bis einschließlich November bei 577 Angriffen von Neonazis und anderen Rassisten mindestens 477 Personen verletzt. Die Zahl aller „fremdenfeindlichen“ Delikte, wie die Sicherheitsbehörden rassistische Taten nennen, ist zudem noch deutlich höher. Die Polizei registrierte in den elf Monaten 3662 fremdenfeindliche Delikte. Ermittelt wurden 2128 Tatverdächtige und davon 52 festgenommen. In Untersuchungshaft kamen allerdings nur zehn Personen.

Die vorläufige Bilanz ergibt sich aus den Antworten der Bundesregierung auf monatliche Anfragen von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau und ihrer Linksfraktion. Die Zahlen werden noch steigen, da die Polizei erfahrungsgemäß viele Straftaten nachmeldet.

Somit ist wahrscheinlich auch die Bilanz des Bundeskriminalamts zu Angriffen auf Unterkünfte von Flüchtlingen noch nicht komplett, aber ebenfalls schon hoch. Das BKA bekam aus den Ländern bis zum 27. Dezember insgesamt 921 Attacken gemeldet. Im Jahr 2015 waren es 1031. Es sei zu erwarten, dass sich die Differenz wegen einschlägiger Straftaten in den restlichen Tagen des Jahres 2016 sowie weiterer Nachmeldungen aus mehreren Monaten verringern werde, hieß es in Sicherheitskreisen.

Die Angriffe auf Flüchtlingsheime sind allerdings in den Antworten der Bundesregierung auf die Anfragen von Petra Pau nicht gesondert ausgewiesen. Die Zahlen verteilen sich da offenbar auf Gewalttaten und weitere fremdenfeindlich motivierte Delikte. Und nicht jeder Angriff wird als Gewalttat eingestuft. Viele Attacken sind Sachbeschädigungen, die Polizei führt sie in ihren Statistiken nicht als Gewaltdelikte.

Der Blick auf die Papiere der Regierung lässt allerdings erkennen, dass rechte Kriminalität auch über rassistische Attacken hinaus im vergangenen Jahr wieder einen hohen Stand erreicht hat. Die Regierung meldete von Januar bis November insgesamt 11349 politisch rechts motivierte Straftaten, darunter 840 Gewaltdelikte. Die Zahl aller Verletzten liegt bei 630.

Ein Vergleich mit der oben genannten Teilmenge der fremdenfeindlichen Kriminalität zeigt, dass sich rassistischer Hass überproportional in Gewalttaten entlädt. Fast 70 Prozent der rechten Angriffe auf Menschen waren fremdenfeindlich motiviert. Und mehr als 70 Prozent der Opfer sind Migranten.

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