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Nur ein Viertel der Deutschen denkt, dass der technologische Wandel mehr Probleme löst als sie zu schaffen.

© Daniel Maurer/dpa

Acatech-Umfrage: Bei Technik sind die Deutschen skeptisch

Technologischer Wandel? Dem stehen die Deutschen einer neuen Umfrage zufolge skeptisch gegenüber. Die ambivalenten Einstellungen finden sich in allen Bevölkerungsschichten.

Skeptisch, ein wenig fatalistisch – und dennoch zugleich aufgeschlossen: Die Deutschen haben ein ambivalentes Verhältnis zum technischen Wandel. Das ergibt eine repräsentative Umfrage der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften (Acatech) und der Körber-Stiftung unter 2000 Personen. So sind 89 Prozent der Befragten der Meinung, der technische Fortschritt lasse sich nicht aufhalten. Allerdings denkt nur ein Viertel, Technik löse mehr Probleme, als sie schafft. Und nur ein Drittel erwartet, dass Technik bei zentralen Herausforderungen der Menschheit wie Hunger, Armut und Klimawandel helfen wird. Viele fühlen sich zudem bei Datenschutz- und Sicherheitsfragen nicht hinreichend aufgeklärt.

„Die Deutschen sind mit ihrer Einstellung zur Technik skeptischer als viele im Ausland“, sagt Cordula Kropp, Soziologin an der Universität Stuttgart und Leiterin der Studie. Das wisse man bereits aus vergangenen Untersuchungen. Eine „naive“ Technikbegeisterung wie manchmal in Schwellenländern sei hierzulande eben nicht wahrzunehmen. So sei auffällig, dass sich die ambivalenten Einstellungen quer durch alle Bevölkerungsschichten fänden – insbesondere auch bei Technikinformierten.

Die Deutschen haben einen starken Naturbezug

Die Befragten lehnen Technik aber nicht generell ab. So sagen 53,5 Prozent, sie seien an Technik interessiert, 55,8 Prozent halten sich für technikbegeistert. Woher kommt dann die Skepsis? Kropp sagt, die Debatte über den technischen Wandel in Deutschland sei noch immer stark durch zwei Bilder bestimmt. Einmal das des Goethe’schen Zauberlehrlings, der die Folgen seines Handelns nicht mehr kontrollieren kann. Und mehr als in anderen Ländern würde in Deutschland der Gegensatz zwischen „technischer Künstlichkeit“ und „Natur“ aufgemacht: „Die Deutschen haben traditionell einen starken Naturbezug.“

Das zeigt sich – wenig überraschend – in der Einstellung zu genetisch veränderten Nutzpflanzen zur Lebensmittelversorgung. Nur zehn Prozent halten das für nicht riskant. Ähnlich ablehnend stehen die Befragten dem Einsatz von Robotern in der Pflege oder der Datenüberwachung zum Schutz der inneren Sicherheit gegenüber. Als weniger riskant wird der Einsatz erneuerbarer Energien zur Bekämpfung des Klimawandels eingeschätzt und ebenso, umweltverträgliche Verkehrsmittel bei der Verkehrsplanung zu bevorzugen. Überhaupt ist den Befragten wichtig, dass Technik mit gesellschaftlichen Werten wie Umweltschutz und Gerechtigkeit im Einklang steht.

Gemischte Gefühle bei der Digitalisierung

Gemischte Gefühle hegen die Befragten auch für die Digitalisierung. Mehrheitlich erwarten sie einen Komfortgewinn (54,5 Prozent). Sie befürchten jedoch ebenso, die Hoheit über ihre eigenen Daten zu verlieren. 61,7 Prozent denken, Hacker könnten in die Computernetzwerke eindringen und die Infrastruktur gefährden. Mit ähnlichen Ängsten sind Themen wie autonomes Fahren oder Smart Home belegt. Zwei Drittel denken zum Beispiel, mit Smart-Home-Technologien könnten Kriminelle die Kontrolle über die Wohnung übernehmen.

Womöglich ist auch das ein Grund, weshalb überhaupt erst acht Prozent solche Technologien nutzen. Sie steuern die Heizung von unterwegs mit dem Smartphone oder bringen Waschmaschinen vom Arbeitsplatz aus zum Laufen, damit die Wäsche fertig ist, wenn man nach Hause kommt. Für Kropp sind die Befunde ein Auftrag an die Politik, beim Thema Digitalisierung für mehr Transparenz und Datensicherheit zu sorgen.

Frauen sind bei Technik skeptischer als Männer

Ähnlich denkt auch der Wirtschaftswissenschaftler Gert G. Wagner, einer der Leiter der Berliner Altersstudie und Acatech-Mitglied. Die skeptische Grundeinstellung zu Pflegerobotern lasse sich durchaus ändern – „wenn von der Politik sichergestellt würde, dass dadurch menschliche Pflege nicht ersetzt, sondern ergänzt und erleichtert würde“.

Am meisten überrascht die Soziologin Kropp, dass Frauen weiterhin deutlich skeptischer sind als Männer – und der Unterschied vor allem im Alter größer wird. Auch sind westdeutsche Frauen sehr viel skeptischer als ostdeutsche. Dafür würden sich mehrere Erklärungen anbieten, sagt Kropp. Vielleicht spiele eine Rolle, dass heute ältere Frauen noch unter anderen Bildungsbedingungen aufgewachsen seien. Womöglich würden sie aber auch im Laufe ihres Lebens Erfahrungen machen, die sie technikskeptischer werden ließen.

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