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Berlin: ...oder kann das weg? Denkmalschutz schützt nicht vor Verfall und Abriss – das zeigen viele Beispiele quer durch die Stadt

Zum Beispiel der Auswandererbahnhof in Ruhleben. Er stand auf der Berliner Denkmalliste, doch retten konnte ihn das nicht.

Zum Beispiel der Auswandererbahnhof in Ruhleben. Er stand auf der Berliner Denkmalliste, doch retten konnte ihn das nicht. Das verfallende Gebäude aus dem 19. Jahrhundert wechselte den Eigentümer, Sanierungsgutachten wurden eingeholt, der Bezirk verhandelte über eine Teilrekonstruktion. Doch eines Tages kam der Abrissbagger. Dem Eigentümer sei die Sanierung „wirtschaftlich nicht zumutbar“, erklärte die Untere Denkmalschutzbehörde Spandaus. Der Bahnhof steht dessen ungeachtet weiterhin auf der fast tausend Seiten starken Berliner Denkmalliste, aufgeführt unter der Nummer 09085211.

Das Schicksal vieler denkmalgeschützter Bauten, die nicht so zentral und prominent wie jene jetzt in Rede stehenden Bauten am Alexanderplatz sind, ist ungewiss. Das Land hat für die Instandhaltung vieler Baudenkmäler quer durch die Stadt kein Geld. Privatinvestoren oder großzügige Spender sind daher willkommen, doch nicht jedesmal tritt die verkündete Rettung eines Denkmals wirklich ein. Besonders in den Außenbezirken, die nicht so stark vom Neubau-Boom am Wohnungsmarkt profitieren, gibt es Probleme.

Prominentestes Beispiel für ein abgerissenes Denkmal ist die Deutschlandhalle auf dem Messegelände. Auch sie wurde letztlich mit dem Verweis auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit einer Sanierung geopfert, das war eine politische Entscheidung gegen den Denkmalschutz. Die Untere Denkmalschutzbehörde des Bezirks kämpfte vergeblich für den Fortbestand der Halle.

Beim Stadtbad Oderberger Straße in Prenzlauer Berg engagierte sich zunächst eine Anwohner-Genossenschaft, scheiterte aber mit ihrem Finanzierungskonzept, dann übernahm die Stiftung Denkmalschutz Berlin, konnte sich aber nicht mit dem Senat einigen, schließlich kaufte die Sprachenschule GLS das Bad, um dort ein Hotel einzurichten. Rund zehn Jahre gingen durch das Hin und Her verloren.

Beim Müggelturm in Köpenick gibt es zwischen Investor und Bezirk ein ähnliches Geschachere um Auflagen und Konzepte. Im Herbst soll ein Gericht darüber befinden, ob und wie es weitergeht. Das pittoreske Eierhäuschen auf dem Gelände des Spreeparks in Treptow hätte schon im Jahr 2000 saniert werden sollen. Vor kurzem scheiterte die Zwangsversteigerung des verwitterten Vergnügungsparks, und das Eierhäuschen verfällt weiter hinter einem provisorischen Bauzaun.

Leerstehende Häuser erhalten oft unangemeldeten Besuch. Kabelklau und Brandstiftungen haben den Backsteinhallen der Bärenquell-Brauerei in Schöneweide erheblich zugesetzt. Auf den Simsen wachsen Bäume, die Fenster sind eingeworfen. Seit Jahren stockt die Planung, dort einen Baumarkt zu errichten. In der Denkmalliste nimmt das Gebäude einen prominenten Platz ein, in der Realität erscheint es nur noch als eine abrissreife Ruine.

Ähnlich ergeht es dem ehemaligen Kinderkrankenhaus Weißensee, 1997 geschlossen, 2005 an einen Investor verkauft, mit Auflagen zur Sanierung. Seitdem verfällt das Gebäude und ist, wie berichtet, regelmäßig Schauplatz von Bränden. Der Liegenschaftsfonds will den Kaufvertrag wegen Untätigkeit des Investors nun rückabwickeln, doch für eine denkmalgerechte Sanierung könnte es schon zu spät sein.

Natürlich gibt es auch viele gelungene Rettungsgeschichten. Das Kranhaus auf dem Gelände der ehemaligen Kabelwerke Oberspree in Oberschöneweide baute ein Privatmann zum exklusiven Wohnturm samt Café um. Die Gebäude am ehemaligen Osthafen dienen jetzt als exklusive Mode- und Musik-Adresse. Die alte Malzfabrik am Südkreuz wurde zu einem Veranstaltungszentrum mit Ateliers und einem Restaurant ausgebaut.

Oft braucht es auch einen Liebhaber, der sich in ein kurioses Gebäude verguckt und nicht primär auf den potenziellen Profit schaut. Der Vorsitzende des Medizintechnikgiganten Ottobock, Hans Georg Näder, ließ sich auf eine Liaison mit der Bötzowbrauerei in Prenzlauer Berg ein. Die ersten Baupläne sind zwar schon wieder vom Tisch, aber der Investor hat einen langen Atem und will seiner Backsteinliebe treu bleiben. Der alte Schornstein wurde schon mal durchsaniert. Thomas Loy

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