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Schwarze Schafe. Ungewöhnlich harmlos präsentierten sich die Autonomen während der „18-Uhr-Demo“ von Kreuzberg nach Mitte. Anders als in den Vorjahren schafften sie es nicht, den Protest mit Gewalt für sich einzunehmen. Foto: dpa

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Update

1. Mai in Berlin: Polizei: Auch die Nacht blieb weitgehend ruhig

Vom Lausitzer Platz in Kreuzberg bis zum Brandenburger Tor: Noch nie verlief die abendliche Kundgebung am ersten Mai so friedlich wie in diesem Jahr, auch in der Nacht blieb es ruhig. Veranstalter und Innensenator zeigten sich zufrieden.

Ein paar Steine fliegen, etwas Glas zerbricht, aber insgesamt erreicht die Revolutionäre 1. Mai-Demo ohne größere Zwischenfälle das Ziel ihres Protestzuges Unter den Linden. Weit früher als geplant, und das, obwohl die Veranstalter zuvor befürchtet hatten, die Polizei würde die Demonstration wie im Vorjahr aus Sicherheitsgründen vorzeitig auflösen. Doch diesmal ist es dem Schwarzen Block der Autonomen nicht gelungen, die Demo für ihren Krawall einzunehmen. Das lag auch an der Unterstützung durch Gewerkschafter aus Griechenland.

Gegen 19.30 Uhr, also mit gut anderthalb Stunden Verspätung, setzt sich die sogenannte „18-Uhr-Demo“ vom Lausitzer Platz in Kreuzberg aus in Bewegung. An der Spitze marschieren griechische Gewerkschafter – unvermummt. Auf dem Transparent heißt es „Zusammen kämpfen gegen Kriege, Krise und Kapitalismus – einzige Lösung Revolution“. In einer Grünanlage unternimmt der Schwarze Block den Versuch, sich an die Spitze zu setzen, doch Polizei und Gewerkschafter können das verhindern. Vereinzelt explodiert ein Böller. Sonst bleibt es ruhig. Auch in der Nacht gab es laut Polizei nach ersten Erkenntnissen keine größeren Zwischenfälle. Noch sei man jedoch am Auswerten, eine endgültige Bilanz werde auf einer Pressekonferenz um 14.00 Uhr bekannt gegeben, so eine Polizeisprecherin am Donnerstagmorgen.

Die Polizei setzt von Anfang an auf massive Präsenz. Die Seitenstraßen sind komplett abgeriegelt. Rund 10 000 Menschen trotten laut Polizeiangaben friedlich die vorgegebene Demoroute entlang. Die Veranstalter sprechen von 20 000 Teilnehmern. Gegen 20 Uhr wird es kurz hektisch. Die Scheiben einer Sparkassenfiliale in der Heinrich-Heine-Straße zerbersten. Am Moritzplatz fliegen Steine gegen eine Tankstelle. Auf einem Dach zündet ein Vermummter ein Bengalo. Wie jedes Jahr. Es ist Teil des Rituals.

Doch anders als im Vorjahr beruhigt sich die Lage wieder. Die Demo zieht weiter. Vorbei an der Bundesdruckerei. Vorbei am Axel-Springer-Gebäude. Ohne nennenswerte Ereignisse. Seit den frühen Morgenstunden hat die Polizei hier Stellung bezogen. Hans-Christian Ströbele (Grüne), wohl einer der treuesten Teilnehmer der Mai-Demo, ist wie üblich mit seinem Fahrrad dabei. Auch er hat bisher nichts zu beanstanden. Mit „unglaublich vielen Menschen“ habe er geredet, friedlich gefeiert. Kein Wort zu Polizeigewalt, kein Wort darüber, dass Rechte der Demonstranten beschnitten würden. Wenn Ströbele am ersten Mai zu diesen Themen schweigt, dann muss es ungewöhnlich ruhig zugehen.

Vielleicht zu ruhig. Inzwischen ist es dunkel. Über dem Zug kreist ein Helikopter. Eigentlich hatte niemand daran geglaubt, dass die Demonstranten ihr Ziel in Mitte erreichen. Dennoch ist es schon kurz vor 21 Uhr soweit: „Das erste Mal in der Geschichte der Revolutionären Mai-Demonstrationen ist es uns gelungen, den Zug nach Mitte zu führen. Das Konzept, eine politische Demonstration aus der Kreuzberger Sauf- und Partymeile nach Mitte zu organisieren, war eine richtige politische Entscheidung“, verkündet der Sprecher der Revolutionären Demo am Abend.

In seltenem Einvernehmen sind Veranstalter und Innensenator zufrieden. Auch Frank Henkel (CDU) ist vor Ort: „Alles, was wir beeinflussen konnten, hat funktioniert“, sagt er. Nur vereinzelt gab es Festnahmen. Entspannt wie nie zuvor am ersten Mai steht die Polizeiführung Unter den Linden, gibt Fernsehinterviews. Die Absperrgitter sind bereits abgebaut. Wegen der Anti-NPD-Demo in Schöneweide vom Vormittag ist ein Großteil der Demonstranten schon seit zwölf Stunden auf den Beinen. Viele gehen erschöpft nach Hause. Und Polizeichef Klaus Kandt winkt ab. Er glaube nicht, dass noch viele weiter nach Kreuzberg zögen, um in der Nacht Randale zu machen, sagt er. Dann endet sein Einsatz vorerst, an diesem späten Mittwochabend. (mit sny)

Die Ereignisse am 1. Mai in Berlin können Sie auch in unserem Ticker nachlesen.

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