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Schwer vermittelbar. Das Wahlprogramm der CDU liegt wie Blei in den Kioskregalen. Dabei wird die Aktion massiv mit Plakaten beworben.

© Doris Klaas

"100 Lösungen für Berlin": CDU-Wahlheft am Kiosk noch kein Renner

Wahlprogramme sind meist bleischwere Kost. Alle sprechen davon, aber kaum jemand liest sie. Die CDU will das jetzt ändern. Doch das ist gar nicht so einfach.

Seit Montag gibt es CDU-Wahlprogramme am Kiosk zu kaufen, zwischen „Gala“ und „Bild der Frau“. Das 80-Seiten-Magazin „100 Lösungen für Berlin“ kostet 50 Cent. Pro Lösung ein halber Cent. Kein schlechtes Geschäft.

Doch der Kunde ziert sich. Im Kiosk am Wittenbergplatz freut sich die Bedienung, dass endlich mal jemand nach dem Wahlprogramm fragt. Leider zu spät. „Der Kollege hat die Hefte gestern zurückgeschickt. Der hatte das Gefühl, dass die nicht laufen.“ Im Lottoshop an der Uhlandstraße hat Feridun Ceylan sich nicht mal die Mühe gemacht, das Gebinde zu öffnen. „Gleich retourniert“, bemerkt er knapp. Alle 15 Stück. „Ich kenne meine Kunden. Die würden auch keine Tätowiermagazine kaufen.“

Kalid, Inhaber vom Kiosk im Quartier Marheinekestraße, hat die Wahlprogramme an den hintersten Regalplatz verbannt. Gestern lagen sie noch ganz vorne an der Kasse, aber „das hat nicht funktioniert“. Seine Kollegin am U-Bahnhof Potsdamer Platz nutzt den Stapel inzwischen als Kleingeld-Ablage. So kann sie die CDU-Hefte besser vor Dieben schützen. Dass sie 50 Cent kosten, sei ohnehin schwer vermittelbar. 15 000 Hefte hat die CDU über den Grossisten „Vertrieb-Vereinigung“ (VV) an die Kioske gebracht. Damit wurden rund 2000 Verkaufsstellen beliefert. Die 50 Cent bleiben komplett bei den Händlern, als Anreiz, die Hefte prominent zu platzieren. VV-Geschäftsführer Raimund Günthert bestätigt, dass schon einige Händler ihre Chargen zurückgegeben hätten. Das sei bei Neuerscheinungen aber nicht ungewöhnlich.

CDU-Landesgeschäftsführer Dirk Reitze sieht die Kioskaktion als „Experiment“. Das Wahlprogramm sei lesefreundlicher gestaltet als früher. Statt dürrer Bleiwüste gibt es viele kurze Infohappen. Jeder Problembeschreibung ist eine Lösung zur Seite gestellt. 60 000 Exemplare wurden insgesamt gedruckt.

Die neue Programmzeitschrift ist Teil der Kreativitätsoffensive der CDU. Der Wähler soll auf ungewöhnlichen Wegen erreicht werden, per Dampferfahrt oder Werbevideo im Internet. Auf Facebook und Twitter erzählt Spitzenkandidat Frank Henkel aus seinem Leben. Die Resonanz ist bislang bescheiden. „Die Klickraten bei Künast sind deutlich höher“, räumt ein CDU-Mann ein. Konservative Wähler sind älter und oft nicht sehr internetaffin. Insofern hat das Kiosk-Experiment seine Berechtigung.

Die Grünen vertreiben ihr Wahlprogramm weiterhin nur auf Anfrage oder bei Infoständen. Ebenso die SPD. Die hat 90 000 Exemplare in sechs verschiedenen Sprachen gedruckt und will bis zum Wahltag alle los sein.

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