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Erst Chef der Berliner Feuerwehr, dann Präsident des Technischen Hilfswerks im Bund: Albrecht Broemme.

© dpa/Ole Spata

1000-Betten-Klinik in nur drei Wochen: Dieser Pensionär soll Berlins Covid-19-Krankenhaus aufbauen

In einer Messehalle will Berlin eine Klinik für bis zu 1000 Coronavirus-Patienten errichten. Albrecht Broemme soll das managen – früher war er Feuerwehrmann.

Albrecht Broemme hat zügig zugesagt. Der frühere Präsident des Technischen Hilfswerks und Berlins einstiger Landesbranddirektor war von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) angerufen worden: Ob er sich vorstellen könne, federführend eine Notklinik, ein Covid-19-Krankenhaus, errichten zu lassen?

In diesen Tagen nun wird Albrecht Broemme, 66 Jahre und seit Januar in Pension, ein Büro in der Gesundheitsverwaltung in Kreuzberg beziehen. „Ich mache das ehrenamtlich, als engagierter Pensionär.“ Broemme wird mit allerlei Funktionären sprechen müssen: Senatsbeamte, Klinikmanager, Ärzte, Rettungsdienstleiter, Bundeswehr-Offiziere.

Die Klinik in einer der Hallen auf dem Messegelände soll in Kooperation mit der Bundeswehr entstehen – wobei nicht nur deren Rolle noch zu klären wäre. Wer wird Träger des Ad-hoc-Krankenhauses sein? „Das wird noch geprüft“, sagt Projektleiter Broemme. „Eine Hilfsorganisation käme infrage – oder ein schon bestehenden Krankenhaus, dass die Notklinik als Ableger führt.“

"Der Wille zur Hilfe ist jedenfalls da"

Schon vor der Corona-Pandemie allerdings suchten Kliniken, Heime und Gesundheitsämter in Berlin dringend Fachpersonal. Erst im Februar ergab eine Studie im Auftrag der Berliner Krankenhausgesellschaft, dass die Stadt bis 2030 zusätzlich 10.000 Vollzeit-Pflegekräfte benötigen dürfte.

„Auch mit Hilfe der Medien“, sagt Broemme, „werden wir frühere Pflegekräfte dazu aufgerufen, wieder in der Pflege zu arbeiten. Viele sind in Rente, aber fit, andere sind derzeit in anderen Jobs aktiv. Die Frage ist auch, was kann die Bundeswehr an Personal stellen. Der Wille zur Hilfe ist unter den Berlinern jedenfalls da.“ Gesundheitssenatorin Kalayci ergänzte, für das neue Covid-19-Krankenhaus wolle man Ehrenamtliche, pensionierte Ärzte und Pflegekräfte sowieso Medizinstudenten mobilisieren.

Auf dem Gelände der Messe Berlin soll eine Covid-19-Klinik entstehen.
Auf dem Gelände der Messe Berlin soll eine Covid-19-Klinik entstehen.

© Frank May/dpa

Die Opposition drängt derweil auf Bürokratie-Vermeidung. Der Gesundheitsexperte der Berliner CDU-Fraktion, Tim-Christopher Zeelen, teilte mit: „1300 Anträge examinierter Pflegekräfte und 1000 offene Approbationsverfahren von Ärzten sollten jetzt im Ad-hoc-Verfahren genehmigt werden.“

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Formales Prozedere könnte nachgeholt werden. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft hatte „unbürokratische“ Verfahren gefordert. Noch auszuhandeln sein wird auch, wer die Kosten für Material und Personal trägt – selbst wenn sich Ehrenamtliche und Spenden finden lassen sollten.

Bis Montag soll Broemmes Plan stehen

Krankenhäuser (und eine Not-Klinik insbesondere) gehören zur staatlichen Daseinsvorsorge. Folglich kämen Mittel aus Steuern oder von den Krankenkassen infrage. Broemme macht Druck – auch auf sich selbst: Die Klinik müsse im April in Betrieb gehen. „Ich erstelle gerade einen Zeit-, Maßnahmen- und Kostenplan“, sagt der Ex-Branddirektor. „Der soll Montag fertig sein.“

Das Coronavirus, auch Sars-CoV-2 genannt, kann zu schweren Lungenleiden führen, Covid-19 genannt. Dann sind Krankenbetten mit Beatmungstechnik erforderlich; die Bundesregierung forderte die Entscheider im Gesundheitswesen dazu auf, die Anzahl solcher Betten zu verdoppeln.

In Berlin gab es zu Jahresanfang circa 1000 davon, in den schon bestehenden Kliniken der Stadt sollen noch mal 1000 Plätze mit Beatmungstechnik eingerichtet werden. Dazu kommt den Senatsplänen zufolge das Covid-19-Krankenhaus mit ebenfalls 1000 geplanten Betten – wenn möglich, werden viele davon ebenfalls mit Beatmungstechnik ausgestattet sein.

Berlins Bürgermeister Michael Müller und Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (beide SPD) am Mittwoch.
Berlins Bürgermeister Michael Müller und Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (beide SPD) am Mittwoch.

© Soeren Stache/dpa

Senatorin Kalayci verweist auf die gemeinsamen Anstrengungen von Bund und Ländern. Derzeit würden entsprechende Geräte und Schutzutensilien zentral beschafft, auch wenn nicht alles Bestellte in den nächsten Tagen da sein werde. „Wir tun alles Menschenmögliche“, sagte Kalayci.

Nach einem Treffen mit der Brandenburger Landesregierung sprach die Senatorin am Mittwoch davon, dass sich die Krankenhäuser bei der Behandlung der Corona-Patienten besser abstimmen – die landeseigene Charité steuere die Versorgung nach einem Stufensystem; die schwersten Fälle würden in der Universitätsklinik selbst behandelt. In Berlin gab es am Mittwochmorgen 383 registrierte Coronavirus-Fälle, 21 Patienten wurden stationär versorgt.

Zwangsmaßnahmen - wie lange hält eine Metropole das durch?

Im Kampf gegen die Infektion setzt der rot-rot-grüne Senat nach wie vor nicht auf eine Ausgangssperre. Auch Ex-Landesbranddirektor Broemme sagte: „Ich bin kein Freund solcher Maßnahmen, weil es zu viele Ausnahmen geben müsste – nicht nur Polizei, Feuerwehr und Klinikpersonal, auch viele Techniker und Handwerker.

Im schlimmsten Fall dürfte während einer Ausgangssperre niemand mehr die Zeitungen austragen. Nicht alle Berliner aber informieren sich ständig im Internet. Und bei härteren Maßnahmen stellt sich die Frage: Wie lange hält eine Metropole sowas durch? Wobei die Berliner leidensfähig sind.

Schon jetzt sind die Straßen leerer als in den vergangenen Wochen.“ Broemme war 1992 – mit 39 Jahren – zum jüngsten Leiter der Berliner Feuerwehr ernannt worden. Der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) berief ihn 2006 zum Chef der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk.

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