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Berlin: 120 000 Tafeln von Siebener-Bande heimlich abtransportiert und unter Herstellerpreis verkauft

Hauptverhandlung nach 30 Minuten vertagtKlaus Wieking Süß war das Geschäft, herbbitter das Ende: Fünf Männer und zwei Frauen mussten sich gestern vor der 3. großen Strafkammer im Amtsgericht Tiergarten für den Diebstahl von über 190 Tonnen Schokolade verantworten.

Hauptverhandlung nach 30 Minuten vertagtKlaus Wieking

Süß war das Geschäft, herbbitter das Ende: Fünf Männer und zwei Frauen mussten sich gestern vor der 3. großen Strafkammer im Amtsgericht Tiergarten für den Diebstahl von über 190 Tonnen Schokolade verantworten. Sie haben laut Anklage zehntausende von Tafeln der Marken Sarotti und Alpia aus einem Abpack- und Lagerhaus in Berlin gestohlen und zu Dumpingpreisen an Supermärkte vertrieben.

Bieder und höchst durchschnittlich schauen die Angeklagten aus, keineswegs wie Angehörige einer durchtriebenen Süßwarenbande, die den Kölner Schokoladenhersteller Stollwerck um Süßigkeiten im Wert von fast 1,2 Millionen Mark geprellt haben sollen. Allein Sonja F. und Burkhard G., ein Pärchen aus Limburg an der Lahn, fallen durch gepflegte Kleidung und selbstsicheres Auftreten ein wenig auf. Sie sollen nach Meinung des Staatsanwalts die Hehler in dem Schoko-Geschäft sein. Und das lief so: Karl B., Ex-Betriebsleiter der Berliner Firma Bel-West Logistics, ließ - ohne Wissen seines Arbeitgebers - mit Hilfe einiger Angestellter zehntausende von Schokoladentafeln, die der Kölner Süßwarenhersteller Stollwerck zur Lagerung angeliefert hatte, heimlich abtransportieren und zu Dumpingpreisen verkaufen. Bis zu 120 000 Tafeln auf einmal wurden so von einem eingeweihten Spediteur abgefahren. Bald hatten viele Supermärkte in der ganzen Bundesrepublik, häufig über die Zwischenstation Limburg, Stollwerck-Tafeln im Super-Sonderangebot. Teilweise wurden die Marken für 49 Pfennig angeboten, obwohl allein der Herstellungspreis 60 Pfennig beträgt. Der Stollwerck AG, die in Marienfelde in einem Werk rund 650 Menschen beschäftigt, wurde zum Hauptsitz in Köln gemeldet, dass die süße Ware ordnungsgemäß zurückgeliefert worden sei. Bis Anfang dieses Jahres ließ die Schoko-Gang auf diese Weise 394 Paletten mit über 190 000 Kilo Schokolade von Zartbitter bis Cappuccino-Crisp verschwinden. Dafür kassierten sie rund 550 000 Mark.

Auf die Schliche kam den Schoko-Schiebern der Seniorchef von Stollwerck, Hans Imhoff. Er ließ wegen der vielen Billigangebote das Berliner Abpack- und Lagerwerk überprüfen, im Februar dieses Jahres flogen die Diebe und Hehler nach Ermittlungen der Soko Schoko auf. Alle Angeklagten landeten in Untersuchungshaft, in der Karl. B. und Burkhard G. heute noch sitzen.

Zur Sprache kam das mutmaßlich kriminelle Handeln der Sieben gestern jedoch nicht, nach Verlesung der Anklageschrift wurde die Hauptverhandlung nach nur einer halben Stunde vertagt, da ein Schöffe ausgefallen war und die Verteidigung zur Überprüfung des Hilfsschöffen Zeit braucht. Zwei Angeklagte, Sonja F. und Karl B., haben angekündigt, dass sie zu den Vorwürfen schweigen werden. Die übrigen wollen aussagen. Die Verhandlung wird am Donnerstag kommender Woche fortgesetzt.

Klaus Wieking

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