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Großer Trauerzug. Die Beerdigung des Clan-Mitglieds Mohamed R. am Donnerstagvormittag auf dem Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhof in Schöneberg.

© Paul Zinken/dpa

Update

170 Polizisten beobachten Beisetzung: 1000 Gäste bei Beerdigung von erstochenem Clan-Mitglied in Berlin

Am Donnerstag wurde Mohamed R. beigesetzt, unter den 1000 Gästen waren namhafte Clan-Größen. Der 25-Jährige war am Samstag an der Hasenheide erstochen worden.

Bis zu 1000 Männer haben am Donnerstag den 25-jährigen Mohamed R. in Schöneberg beerdigt – unter den Trauergästen waren namhafte Vertreter bundesweit bekannter Großfamilien. Fast 170 Polizisten begleiteten die Veranstaltung mit etwas Abstand, die Clan-Spezialisten des Landeskriminalamtes kamen dabei in Zivil. Es gab keine Zwischenfälle.

Mohamed R. war in der Walpurgisnacht in Neukölln erstochen worden und wurde nun auf dem Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhof in Schöneberg nach islamischen Ritus beerdigt. R. gehörte selbst einer in der Szene bekannten Familie an. Im September 2018 war auf eben diesem Friedhof einer seiner Brüder, der 36 Jahre alte Nidal R., bestattet worden. Damals kamen 2000 Männer diverser Clans.

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Nidal R. war an einem sonnigen Tag am Tempelhofer Feld von Rivalen vor seiner Familie erschossen worden. Die Ermittler verdächtigen Männer einer deutsch-türkischen Großfamilie, die mutmaßlichen Mörder sind nicht gefasst – was auch für die jetzige Tat gilt. Im aktuellen Fall ermittelt eine Mordkommission, im Verdacht steht ein aus dem Libanon stammender Clan aus Kreuzberg. Angehörige des Toten fragten offiziell unbestätigten Angaben zufolge gezielt Nachbarn nach einem „Verdächtigen“.

Wie berichtet war Mohamed R. in der Nacht zum 1. Mai erstochen worden, nachdem er und seine Begleiter auf einem Volksfest an der Hasenheide mit Männern einer anderen Familie aneinander gerieten. Dabei soll R. eine Schusswaffe gezogen haben. Nach der Tat belagerten zahlreiche Angehörige die Neuköllner Vivantes-Klinik, in der R. schließlich verstarb. Danach trafen sich Verwandte und Bekannte des Opfers in der Dar-as-Salam-Moschee in der Neuköllner Flughafenstraße, wo im September 2018 schon seines erschossenen Bruders gedacht wurde.

Wie zur Bestattung seines Bruders kamen am Donnerstag bekannte Größen der Familien Remmo und Abou-Chaker, zudem frühere Mitglieder der Weddinger Dependance der Hells Angels. Auf dem Schöneberger Friedhof war im April 2020 die Mutter der Kernfamilie des Remmo-Clans beerdigt worden. Drei Hundertschaften der Polizei versuchten damals, die Corona-Beschränkungen durchzusetzen, ein Angehöriger bespuckte Journalisten.

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Unter den Besuchern waren auch am Donnerstag zahlreiche Männer, die von Ermittlern der organisierten Kriminalität, kurz der OK, zugerechnet werden. Diese Clan-OK sei „von verwandtschaftlichen Beziehungen, einer gemeinsamen ethnischen Herkunft“ und „eskalierenden Gewaltdelikten“ geprägt, wie das Bundeskriminalamt schreibt. Zu Drogenhandel, Nötigung, Diebstahl, Raub, Betrug und Hehlerei kämen in dieser Szene regelmäßig „Tumultlagen“ im öffentlichen Raum.

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Die wenigen Frauen der Trauergemeinde standen auf dem Friedhof als auch neben dem Grab deutlich abseits der Männer. Einige Besucherinnen hatten sich verhüllt. Anwesend war auch der Verschwörungsideologe Martin L., der für seine Propaganda zugunsten der in der Türkei regierenden islamischen AKP bekannt ist.

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Die Familie des beerdigten Mohamed R. stammt aus dem Libanon. In Berlin wiesen sich die Angehörigen gegenüber den Behörden mit Identitätskarten der United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees aus, der UN-Einrichtung für palästinensische Flüchtlinge – Hunderttausende von ihnen leben im Libanon. Um sie von eigenen Staatsbürgern zu unterscheiden, stellte die Regierung in Beirut vielen Flüchtlingen keine Pässe, sondern ein „Document des voyages“ als Ersatz aus. Mohamed R. sollte vergeblich abgeschoben werden.

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