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Handwerklich begabt. Sophie Sautter hat sich erfolgreich zur Anlagenmechanikerin ausbilden lassen.

© Gasag

22-Jährige gewinnt Meister-Stipendium: Die beste Auszubildende kommt aus Charlottenburg

Sophie Sautter ist die beste Auszubildende in ihrem Jahrgang – bald beginnt sie ihre Meisterausbildung im Sanitärfachbereich.

Das alte Klischee: „Gas, Wasser, Scheiße“ – das hört Sophie Fabienne Sautter auch heute noch häufig, wenn es um ihren Beruf geht: Dabei ist sie korrekt bezeichnet „Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik“.

Und damit gleich noch eines klar ist: Mit Klempnerei hat das gar nichts zu tun. Das stellt die 22-Jährige schnell richtig, wenn sie über ihren Job spricht.

Sophie Sautter kann nun aber noch etwas Wichtiges hinzufügen: Sie ist die beste Auszubildende ihres Jahrgangs in Berlin in diesem Gewerk.

Knapp 200 junge Menschen haben mit ihr im September 2016 die Ausbildung angefangen, davon haben 135 sie auch erfolgreich absolviert.

Drei von ihnen besonders gut – zwei Frauen und ein Mann. „Ganz knapp mit meiner Punktzahl lag ich vor der anderen Frau“, sagt Sautter.

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Sie wurde Jahrgangsbeste und gewann den von der Gasag gestifteten Eventus-Preis und damit ein gesponsertes Meisterstipendium in Höhe von bis zu 8000 Euro.

Das Energieunternehmen will Jugendliche und junge Erwachsene mit dem Preis motivieren, sich über das normale Maß hinaus in ihrer Ausbildung anzustrengen. Ihren Gesellenbrief hatte Sophie Sautter bei einer Feier noch vor dem Corona-Lockdown Ende Februar erhalten. Am 23. Oktober beginnt sie nun ihren Meisterkurs.

Das Familienunternehmen existiert seit 117 Jahren

Bis dahin arbeitet sie weiterhin – wie zuvor während ihrer Ausbildung auch – bei ihrer Cousine im Charlottenburger Sanitärfachbetrieb Tschichholz in der Pestalozzistraße.

Der Familienname ist ein Markenzeichen, das Unternehmen existiert bereits seit 117 Jahren. Vor vier Jahren hat Sautters Cousine das Geschäft vom Vater übernommen.

Familienbande. Sophie Sautter (links) und ihre Cousine und Chefin Andrea Tschichholz vor dem Laden in Charlottenburg.
Familienbande. Sophie Sautter (links) und ihre Cousine und Chefin Andrea Tschichholz vor dem Laden in Charlottenburg.

© Gasag

Auch sie hatte damals mit einem hervorragenden Ausbildungsabschluss das Stipendium zum Meisterlehrgang bekommen. Liegt da ein Handwerkerinnen-Gen in der Familie?

Sophie Sautter lacht. Vielleicht, vielleicht aber war es auch einfach viel Fleiß. Auf jeden Fall sei sie nicht aus einer Erwartungshaltung der Familie heraus in diesen Beruf eingestiegen, erzählt sie. Aufgewachsen ist sie in der Nähe von Stuttgart, wo sie auch ihr Abitur gemacht hat. Doch die Vorstellung, nach der Schule zu studieren, „wieder nur zu sitzen, nicht viel selbst machen zu können und einem Professor zuzuhören“, habe ihr total widerstrebt.

Eigentlich wusste sie erstmal gar nicht richtig, was sie machen sollte.

Schon als Kind hat sie in dem Ladengeschäft Verkäuferin gespielt

Doch schon als Kind war sie in den Ferien häufig in Berlin bei ihrer Cousine und dem Rest der Familie im Betrieb. Sie erinnerte sich, dass sie dort damals so gerne „im Ladengeschäft gesessen und gespielt habe, dass ich anderen eine Handbrause verkaufe“, sagt sie. Warum also nicht auf nach Berlin und eine Ausbildung im Familienbetrieb machen? Um eine Wohnung musste sie sich auch nicht kümmern, ist ja genug Platz bei der Verwandtschaft, dachte sie.

Und so fragte sie relativ spontan, machte erstmal ein zweiwöchiges Praktikum, und als das passte, packte sie ihre Sachen und zog ganz nach Berlin, um hier die duale Ausbildung zu machen: Theorie in der Berufsschule und Kurse bei der Innung und die Praxis im Familienbetrieb.

In ihrem Ausbildungsjahrgang sind insgesamt nur vier Frauen, in ihrer Klasse ist sie sogar die einzige. Wie das so ist, allein unter Männern? „Ich habe zum großen Teil nur positive Erfahrungen gemacht“, sagt sie. Klar, erstmal hätten einige Jungs geschaut: Eine Frau? Hier? Aber das habe sich dann auch alles gefügt.

Frauen gibt es nur wenige in dem Beruf

„Diese Handwerkersprüche von einigen Männern darf man sich einfach nicht zu Herzen nehmen“, meint Sautter. Handwerkersprüche unter Männern? Sophie Sautter geht nicht ins Detail, aber Bemerkungen über Frauen, die gerade vorbeikommen, machten die Männer schon immer mal wieder. Sie selbst habe jedoch nie etwas Derbes oder Anzügliches mitbekommen, aber von anderen Frauen habe sie gehört, dass da Sprüche geklopft würden.

Bei ihr sei eher das Gegenteil der Fall: Sie gebe ganz offen zu, wenn sie etwas nicht oder noch nicht beherrsche oder irgendwas viel zu schwer zum Tragen sei. „Da sind meine männlichen Kollegen total hilfsbereit uns sagen: Kein Problem, ich mache das."

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Fachlich konnte sie sehr gut mithalten in der ganzen Ausbildung, auch, wenn ihr nicht jeder Tag gleich viel Spaß gebracht habe. Aber wo ist das auch schon so? Sautter kniete sich rein in all das, was zu ihrem Beruf gehört: Thermen und Heizungen zu warten, einzubauen, Mängel zu reparieren. Die Prüfung hatte es auch in sich – wobei es genau genommen mehrere Prüfungen waren, deren Beurteilungen sich am Ende zu einer Gesamtnote bei der Innung fügten.

Sehr viel theoretisches Fachwissen werde gefordert, beschreibt Sautter, Sozialkunde sei sehr wichtig.

Für den praktischen Teil musste sie an drei Tagen insgesamt sechs Prüfungen ablegen, darunter eine Gastherme in Betrieb nehmen, Heizungs- und Gasleitungen legen.

Auch Elektrotechnik ist ein großer Bestandteil: Sie musste Stromkabel korrekt legen.

Sich selbstständig machen? Nein, dazu gebe es viel zu wenig Fachkräfte

Nun sei sie gespannt, was für Aufgaben sie im Meisterkurs erwarten. Den hätte sie auf jeden Fall gemacht – auch ohne Stipendium, sagt sie.

Doch sich mit einem eigenen Betrieb selbstständig zu machen, komme für sie erstmal nicht in Frage. Zu unsicher sei die Lage, und es gebe zu wenig gute Fachkräfte. Woran das liegt? Vielleicht immer noch an dem alten Klischee, mutmaßt sie. Das produziert bei vielen offenbar das Bild im Kopf, dass dies ein Beruf ist, bei dem man sich dreckig macht, der unangenehm ist. Dabei stimme das fast gar nicht.

Viele Arbeiten laufen digital und bei vielen müsse man „sehr sauber arbeiten“, um das korrekt zu machen.

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