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Berlin: 220 Charité-Professoren dürfen zusätzlich verdienen

Chefärzte haben Nebeneinkünfte von bis zu 2,5 Millionen Euro im Jahr - davon muss die Hälfte an die Klinik abgeführt werden

Chefärzte gelten nicht nur als Spitzenmediziner, sie sind häufig auch Spitzenverdiener. Besonders wenn sie als verbeamtete Professoren an einem Universitätsklinikum arbeiten. Und dabei geht es weniger um das Beamtengehalt als um die möglichen Nebeneinnahmen. 220 Professoren der Charité haben die Erlaubnis, dazu zu verdienen. 25 von ihnen sind besonders fleißig und erhalten so zwischen 500 000 und 2,5 Millionen Euro im Jahr „nebenbei“. Das geht nach Angaben von Lisa Paus, wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, aus der Antwort auf eine kleine Anfrage vom vergangen Jahr hervor. Gegen diese Zahlen nimmt sich das Grundgehalt eines verbeamteten C-4-Professors mit jährlich rund 70 000 Euro vergleichsweise bescheiden aus.

Sein Zubrot verdient ein Chefarzt vor allem über die Behandlung von Privatpatienten. Dafür nutzt er Räumlichkeiten, Geräte und Personal der Universitätsklinik. Deshalb muss er einen Teil der Einnahmen an das Klinikum abführen. Im Schnitt sind rund 50 Prozent – von einer Gesamtsumme von rund 70 Millionen Euro im Jahr. Doch dieses Verhältnis soll sich zugunsten der Charité verändern. „Nebentätigkeiten sind zwar ein althergebrachtes Recht der Hochschullehrer“, sagt der Sprecher der Senatswissenschaftsverwaltung, Thorsten Wöhlert. Aber bei neuberufenen Chefärzten gehe man jetzt dazu über, so genannte Chefarztverträge auszuhandeln. Danach bekommen die Unimediziner dann einen festen und einen variablen Gehaltsanteil als eine Art Erfolgsprämie für viele behandelte Privatpatienten. Der Arzt kassiert also nicht mehr selbst vom Patienten, sondern bekommt von der Uni sein Gehalt.

In anderen Bundesländern, wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, gibt es darüber hinaus verbindliche Regelungen, wie der Chefarzt seine mithelfenden Assistenz- oder Oberärzte für die private Mehrarbeit an den Einnahmen beteiligen muss. Dabei wird das Geld in einen Pool gegeben und das Personal daraus bezahlt. Eine solche Poolregelung existiert in Berlin allerdings nicht. „Es gibt keine Verpflichtung für den Chefarzt, einen Pool einzurichten“, sagt Kerstin Ullrich, Sprecherin der Charité. Das heißt, es hängt allein von den Chefärzten ab, wie weit sie andere Mediziner an den Einnahmen beteiligen.

Das Interesse für die Zusatzverdienste eines Chefarztes wurde durch ein jüngstes Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts gegen einen Charité-Mediziner ausgelöst – obwohl es nur bedingt mit dem Zusatzgehalt durch Privatpatienten vergleichbar ist. Wie im Tagesspiegel berichtet, muss der Arzt, der als verbeamteter Hochschulprofessor ein wissenschaftliches Institut leitet, 960 000 Euro Nebeneinnahmen komplett an das Klinikum abführen. Das Geld hatte er für diagnostische Leistungen erhalten, die er 2002 und 2003 für andere Krankenhäuser erbrachte – ein Sonderfall bei den Nebeneinnahmen. Denn diese Einkünfte zu behalten, sei mit der Pflicht des Beamten zur uneigennützigen Amtsführung nicht zu vereinbaren, urteilte das Gericht. Die Charité dagegen dürfe solche Dienstleistungen für andere Kliniken erbringen, dazu auch ihre Chefärzte beauftragen und das so verdiente Geld vollständig einbehalten.

Dagegen hatte der jetzt verurteilte Arzt geklagt. Dem Vernehmen nach sind noch weitere entsprechende Verfahren von Charité-Chefärzten anhängig, andere wurden bereits entschieden – im Sinne des Klinikums.

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