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Misstrauen. Hunderte Russlanddeutsche demonstrierten in Berlin, mit dabei rechte Gruppierungen. Verschwörungstheorien machten die Runde.

© dpa

24-Jähriger vor Amtsgericht Berlin-Tiergarten: Prozess um Missbrauch von 13-jähriger Russlanddeutschen beginnt

Die sexuellen Handlungen zwischen dem Mädchen und dem Angeklagten sollen einvernehmlich gewesen sein - trotzdem machte sich der Mann strafbar. Nun kommt es zum Prozess.

Von Dienstag an muss sich ein 24-Jähriger vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs sowie der Herstellung kinderpornografischer Schriften verantworten. Er soll sexuelle Kontakte zu einer 13-jährigen Russlanddeutschen aus Marzahn in seiner Kreuzberger Wohnung gehabt haben. Die Handlungen sollen einvernehmlich gewesen sein, doch dem Mann sei das kindliche Alter der Schülerin bewusst gewesen. Der Lehrling soll bei der Polizei gestanden haben. Für den Prozess im Amtsgericht Tiergarten ist ein Tag geplant.

Die Polizei war auf den Fall aufmerksam geworden, weil sie intensiv in einem anderen Fall ermittelte, in dem das Mädchen eine Rolle spielte: Im Januar 2016 behauptete sie, von „Südländern“ verschleppt und vergewaltigt worden zu sein. Selbst der russische Außenminister Sergej Lawrow mischte sich ein, warf deutschen Behörden Vertuschung vor. Doch alles war anders.

Ein anderer Fall löste international Empörung aus

Das Mädchen war im Januar 2016 auf dem Weg zur Schule verschwunden. Die Eltern erstatteten Anzeige bei der Polizei und klebten noch am Abend Suchplakate. Als Lisa am nächsten Tag wieder auftauchte, erklärte sie ihr dreißigstündiges Verschwinden mit einem angeblichen Verbrechen. Drei ihr unbekannte „Südländer“ hätten sie in einem Auto entführt und in einer Wohnung mehrfach vergewaltigt. Das Gerücht verbreitete sich rasch in sozialen Medien und löste Empörung aus. Hunderte Russlanddeutsche demonstrierten in Berlin und anderen Städten, mit dabei rechte Gruppierungen. Verschwörungstheorien und Hetze gegen Flüchtlinge wurden im Zusammenhang mit Lisas Geschichte verbreitet. Obwohl die Polizei mitteilte, dass es keine Vergewaltigung gegeben habe, hielten sich Vorwürfe und Propaganda wochenlang. Der Fall wurde zu einem internationalen Politikum.

Lisa rückte den Angaben zufolge in vier verschiedenen Versionen mehr und mehr von ihren Behauptungen ab. Ermittler konnten schließlich anhand der Daten ihres Handys rekonstruieren, dass sie sich in der fraglichen Nacht in der Wohnung eines 19-jährigen Freundes aufgehalten hatte. Dessen Mutter habe es auch erlaubt. Das Mädchen habe sich wohl wegen Problemen in der Schule versteckt, hieß es.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Textes war nicht deutlich genug geworden, dass es sich um zwei verschiedene Fälle handelt.

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