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Reserviert. Als Platzhalter und zur Orientierung stehen auf den roten Sesseln im Stage Theater große Bilder der Gäste, die am Donnerstagabend dort Platz nehmen sollen.

© dpa

27 goldene Rehe warten auf neue Besitzer: Platz für Pomp und Promis

Die Bambi-Verleihung im Theater am Potsdamer Platz ist untypisch für Berlin – nicht nur wegen des Münchener Dresscodes.

Frieren auf dem Roten Teppich? Kommt für die Bambi-Preisträger nicht infrage. Schon seit Sonntag wird im Stage Theater am Potsdamer Platz auf Hochtouren gearbeitet für das große Glitzern, das am Donnerstagabend hier über die Bühne geht. Ein aufwendiger Gang wurde eigens gezimmert, sodass die 800 Gäste aus dem Auto direkt im Warmen und Trockenen landen. Das goldene Rehlein mit dem riesengroßen Ego springt schon zum siebten Mal im Musical-Theater herum. Oder sollte man vielleicht besser sagen, es donnert wie eine ausgewachsene Hirschkuh über den Platz? Fest steht: ARD-Zuschauer müssen am Donnerstagabend richtig gutes Sitzfleisch haben.

Los geht’s mit der Live-Übertragung nämlich gleich nach der Tagesschau um 20.15 Uhr. Bis 23 Uhr will Bambi die Fernsehgemeinde dann vor den Bildschirm fesseln. Dabei sind Preisverleihungen oft ziemlich langweilig. Anders als vorm Fernseher, wo man es sich im Jogginganzug gemütlich machen und nebenbei lesen oder essen und trinken kann, herrscht im Theater verschärfter Glamour-Zwang.

Adäquate Klunker und Klamotten zeigte die „Bunte“, deren Chefredakteurin Patricia Riekel zusammen mit Verlagsvorstand Philipp Welte den Juryvorsitz übernommen hatte, gerade in einem goldenen Sonderheft. Für die im Kleiderfach zum Understatement tendierenden Berliner, die sich in aller Regel für nichts und niemanden von ihrer Jeans trennen, wirkt diese Ausuferung des Münchner Barocks ganz bestimmt exotisch, aber dies ist ja auch die Hauptstadt der Toleranz in solchen Dingen.

König der intelligenten Blödelei

Die höchste Auszeichnung, den „Millenium-Bambi“, bekommt diesmal Finanzminister Wolfgang Schäuble für seine Verdienste um die deutsche Einigung und europäische Politik. Til Schweiger und Dieter Hallervorden erhalten für das Alzheimer-Movie „Honig im Kopf“ goldene Rehlein. Und die britische Sängerin Rita Ora hat versprochen, als Dank für ein Bambi in der Kategorie „Musik International“ eine besondere Version ihres Hits „Body on me“ zu singen.

Seit Tagen probt das Fernsehteam die richtigen Kameraschwenks. Als Platzhalter und zur Orientierung stehen auf den roten Sesseln im Stage Theater große Bilder der Gäste, die am Donnerstagabend live dort Platz nehmen werden. Hilary Swank, die als „Schauspielerin International“ ausgezeichnet wird, gehört dazu, Udo Walz natürlich, und in der ersten Reihe sitzen die großen Damen des deutschen Films, Iris Berben, Senta Berger, Hannelore Elsner, außerdem Eisprinzessin Katarina Witt. Heidi Klum und Otto Waalkes sitzen auch dort, was praktisch ist, denn die beiden dürfen sich ihre eigenen Rehkitze auf der Bühne abholen, Klum als „Grenzgängerin zwischen Mode und Entertainment“, Otto als „König der intelligenten Blödelei“. Weiter hinten nehmen Willy Bogner, Sebastian Urzendowsky und ZDF-Intendant Thomas Bellut Platz.

Sigmar Gabriel sitzt natürlich direkt neben Hubert Burda. Zwischen ihm und seiner Frau Maria Furtwängler war am Mittwoch noch ein Sessel freigehalten ohne Bild. Großes Geheimnis, wer das sitzen sollte. Ein Stück weiter schaute Günther Oettingers Bild Richtung Kameraprobe. Diesmal gibt es Bambis in 16 Kategorien, wobei glücklicherweise nicht alle Kategorien jedes Jahr zum Zuge kommen. Dafür bekommen in manchen Kategorien unterschiedliche Preisträger Trophäen. Auch die Vox-Show „Sing meinen Song“ ist diesmal dabei.

Königin Silvia lächelt demütig und glücklich

Vor der Verleihung gibt es einen Empfang zwischen eigens aufgestellten goldbraunen Wänden, auf denen die Namen bisheriger Preisträger stehen. Los ging’s 1948 mit Marika Rökk. In der Zwischenzeit sind viele vom Ruhm touchierte Zeitgenossen in Bambis Ahnengalerie gelandet, Andrew Lloyd Webber, Paul McCartney, Whitney Houston und Joseph Blatter zum Beispiel. Manche leben nicht mehr, wie Elizabeth Taylor, Udo Jürgens und Helmut Schmidt. Königin Sylvia von Schweden gehört zu denen, die auch im Bild gezeigt werden mit diesem wunderbar demütigen, gleichzeitig glücklichen Lächeln, das in der Welt der Preise sicher demnächst eine eigene Kategorie bekommt, weil es längst zur Kunstform ausgefeilt wurde.

Eine Miss Bambi gibt es auch, dafür durften sich Mädchen ab 14 Jahren bewerben, und die Gewinnerin darf mit dabei sein und testen, ob solch verschärfter Glamour wirklich schon das Ziel aller Träume ist.

Zwar verraten die Veranstalter nicht, was das alles kostet. Aber eine schöne Summe wird schon zusammenkommen. Immerhin 1000 Scheinwerfer, darunter 800 Movinglights, und 400 Lampen leuchten das Geschehen auf der 19 000 Quadratmeter großen Veranstaltungsfläche aus. Der Rote Teppich ist 200 Meter lang, insgesamt wurden 400 Quadratmeter Teppich verlegt. Wenn man alle benötigten Kabel aneinanderreihen würde, wären sie 100 Kilometer lang. Knapp 60 Tonnen Equipment wurden insgesamt benötigt.

70 Kellner und 100 Kilometer Kabel

Unten im Adagio befindet sich das Produktionsbüro. Hier ist auch der Technische Leiter im Einsatz, der für den Abbau insgesamt nur acht Stunden Zeit und einen Fahrstuhl zur Verfügung hat. Während bei der After-Show-Party die ersten Liter Champagner die in knapp drei Stunden wohl ziemlich ausgetrockneten Kehlen hinunterfließen und unter der Regie von 40 Köchen und 70 Kellnern etwa 12 000 Besteckteile zu klappern beginnen, wird dort schon tätig Abschied genommen vom „Bambi 2015“.

Schon am Mittwoch standen Hinweisschilder da, nach denen der Abbau Donnerstag um Mitternacht beginnt. Am Morgen warteten dort im Clubkeller noch 27 frisch polierte Goldbambis unter einer wärmenden Decke darauf, mit großen Gesten und noch größeren Emotionen in den Armen ihrer Gewinner zu landen.

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