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Berlin: 275 prügelnde Männer der Wohnung verwiesen

Erst flogen die Beleidigungen, dann die Fäuste. Was als Familienstreit begann, endete als Prügelei und wurde für die Polizei ein Fall „häuslicher Gewalt“.

Erst flogen die Beleidigungen, dann die Fäuste. Was als Familienstreit begann, endete als Prügelei und wurde für die Polizei ein Fall „häuslicher Gewalt“. Was tun mit dem gewalttätigen Partner, um zu verhindern, dass er seine Frau oder Lebensgefährtin wieder blutig prügelt? Anfang des Jahres startete die Berliner Polizei zunächst in der Polizeidirektion 7 einen Probelauf, mit dem es möglich wurde, gewalttätigen Partnern einen Platzverweis aus der eigenen Wohnung auszusprechen. Jetzt endete der inzwischen auf ganz Berlin ausgedehnte Test. Ergebnis: „Es gibt einen Ausweg aus der Gewalt in den eigenen vier Wänden“, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch gestern während einer Pressekonferenz. Die Polizei will auch in Zukunft solche Verweise aussprechen.

Oft scheuten sich die Opfer - 72 Prozent sind Frauen - von familiärerer Gewalt, Anzeige zu erstatten. Die häufig von Nachbarn zu Hilfe gerufene Polizei kann dem Gewalttäter ein mehrere Tage währendes Verbot aussprechen, seine Wohnung zu betreten. Grundlage ist das Polizeirecht ASOG.

Im ersten Halbjahr 2002 wurden über 5000 Fälle häuslicher Gewalt bekannt. Dazu zählen Bedrohungen, Körperverletzung, aber auch Fälle versuchter Tötung. Das Dunkelfeld wird von den zuständigen Dienststellen allerdings als sehr hoch eingestuft. Gegen 275 Täter seien Platzverweise ausgesprochen worden. Lediglich sieben hätten Widerspruch eingelegt, in keinem Fall aber sei das Verwaltungsgericht mit der Überprüfung der polizeilichen Maßnahme befasst worden. Die Frauen nutzten die Tage, in denen ihre prügelnden Partner weg waren, ihr Leben neu zu ordnen. Sie trennten sich von den Männern und suchten sich neue Unterkünfte und knüpften Kontakte zu Hilfsorganisationen. In Einzelfällen war die Polizei behilflich, notwendige medizinische Hilfe zu organiseren. Beispielsweise, wenn sich das Opfer einer Alkohol-Entziehungskur unterziehen musste.

Die Täter erhielten nach dem ausgesprochenen Platzverweise eine Liste mit Notunterkünften, die aber nur selten in Anspruch genommen wurden. Viele seien ins Elternhaus zurückgekehrt, sagte Kriminaloberrätin Elke Plathe, eine der Initiatorinnen des Probelaufs. Es gebe zudem Hilfsangebote, in denen gewalttätige Männern lernen könnten, mit ihrer Aggression umzugehen. Aber nur wenige nähmen dieses Angebot wahr.

Das rechtliche Instrumentarium des Platzverweises ist neu, und viele Polizeibeamte wussten zunächst selbst nicht, wie es korrekt anzuwenden war. Hier halfen nicht nur Fortbildungsseminare, sondern den Beamten standen auch die Vorgesetzten bei Fragen und der Bewertung von Situationen Tag und Nacht zur Seite. Alle aufgenommenen Fälle seien täglich ausgewertet worden. Die jeweiligen Besonderheiten wurden bei den späteren Fortbildungsveranstaltungen der Beamten berücksichtigt, sagte der stellvertretende Leiter der Polizeidirektion 7, Hans-Ulrich Hauck. weso

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