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Fahrdienste für behinderte Menschen (Symbolfoto) sehen ihre Dienstleistung nicht mit denen "normaler" Taxibetriebe vergleichbar.

© imago images/Margit Wild

3,50 Euro pro Kilometer: Berliner Fahrdienste für behinderte Menschen wehren sich gegen Kostenpauschalen

In Berlin regt sich Widerstand gegen Vergütungsregeln des Senats für Fuhrunternehmen, die vor allem Menschen mi Behinderung befördern.

Mehrere Fahrunternehmen, die auf die Beförderung von Menschen mit Behinderungen spezialisiert sind, haben sich zusammengeschlossen, um sich gegen die aktuellen Richtlinien des Senats zur Kostenübernahme zu wehren.

Anlass ist ein Anfang Dezember verschicktes Rundschreiben der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales an die sogenannte Teilhabefachdienste.

Dazu zählen Schul- oder Jugendämter, die regelmäßig Fuhrunternehmen beauftragen, die ihrerseits „Fahrten im Rahmen der Teilhabe am Arbeitsleben oder sozialen Teilhabe als Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) IX“ anbieten.

In dem siebenseitigen Schreiben ist die Höhe der neuen Pauschale definiert. Derzeit gewährt das Land Berlin für die ersten fünf Fahrtkilometer 3,50 Euro und ab dem sechsten Kilometer 1,65 Euro. Wartezeiten und Leerfahrten sind damit abgegolten.

Die beauftragten Fuhrunternehmen könnten theoretisch auch mehr Geld verlangen, müssten die Grenze aber faktisch einhalten oder besser noch unterbieten, wenn sie sich erfolgreich um Aufträge für Fahrten bewerben wollen.

Mitarbeiter und Fahrzeug des Fahrdienstes Jessica aus Berlin-Rudow.
Mitarbeiter und Fahrzeug des Fahrdienstes Jessica aus Berlin-Rudow.

© Fahrdienst Jessica

„Das ist unzumutbar, das funktioniert so nicht“, schildert Nico Seefeldt, der seit fünf Jahren gemeinsam mit seiner Ehefrau und Sohn im Neuköllner Ortsteil Rudow den Fahrdienst Jessica betreibt. Die Familie beschäftigt 27 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unterhält eine Flotte mit 24 Fahrzeugen, die meisten davon Neunsitzer-Modelle wie der VW Crafter oder Ford Transit.

„Wir zahlen allen Fahrern 13 Euro die Stunde, das wird aber nicht mehr möglich sein, wenn die Pauschale nicht deutlich angehoben wird“, sagt Seefeldt voraus.

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Man könne die Dienstleistung, wie sie sein Unternehmen und größere Wettbewerber wie BerlinMobil oder der Fahrdienst Brauch anbieten, nicht mit klassischen Taxi- oder Transportfahrten vergleichen. „Wir befördern keine Pappkartons, sondern Menschen mit besonderen Bedürfnissen“, sagt der Seefeldt. Personen müssten an Türen abgeholt und in der Schule oder Arbeitsstelle übergeben werden, es brauche Einfühlungsvermögen und Flexibilität.

Nico Seefeldt, Mitgründer und Inhaber des Fahrdienst Jessica in Berlin Rudow.
Nico Seefeldt, Mitgründer und Inhaber des Fahrdienst Jessica in Berlin Rudow.

© Fahrdienst Jessica

Zudem koste es zwischen 10 000 und 20 000 Euro, um ein konventionelles Fahrzeug rollstuhlgerecht umzubauen. Dazu kämen hohe Versicherungskosten. Zudem werde gern vergessen, dass Behindertenfahrdienste – anders als Taxis – ihre Fahrgäste ja nicht einfach unterwegs einsammeln.

„Die Pauschale ist so kalkuliert, dass alle gesetzlichen Vorgaben, einschließlich der Landesmindestlohn, eingehalten werden können“, heißt es in der schriftlichen Antwort der Senatsverwaltung auf eine Anfrage von Christian Gräff, dem wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus.

Man habe Plausibilität der Pauschale anhand von Erfahrungswerten durchschnittlich benötigter Zeiteinheiten pro Kilometer überprüft, teilt die Behörde mit. Gräff sieht das anders: „Das Land Berlin setzt hier einen Preisrahmen, bei dem die Fahrdienste nicht einmal den Mindestlohn zahlen können und in behindertengerechte Fahrzeige investieren können“. Damit sei die Pauschale „wirtschaftlich und sozial ungerecht.“

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