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Berlin: 40 Kinder besuchten bei unserer Geheimnistour eine Klinik für Puppen und Plüschtiere

Noch eine Geschichte über ihre Patienten? Kein Problem.

Noch eine Geschichte über ihre Patienten? Kein Problem. Renate Herrmann kann jede Menge erzählen über Puppen, denen arg mitgespielt wurde. Augen in den Bauch gerutscht, Beine verrenkt, Loch im Kopf und in Verließe gesteckt - in der Regel in eine Kiste auf dem Dachboden. Doch auch Teddys mit abgewetzten Sohlen oder andere Schmusetiere hat Dr. pupp. Herrmann aus der Prinzenstraße 33 in Tempelhof schon kuriert. Ein Notfall war beispielsweise der Hund aus Berlins Prominenten-Hotel "Adlon" am Pariser Platz.

"An den", sagt sie, "kann ich mich noch genau erinnern." Ein Terrier, Liebling einer Achtjährigen, die ihn für ein paar Tage dem Vater geliehen hatte, weil der auf Geschäftsreise nicht so alleine sein sollte. Doch Papa passte schlecht auf, der Hund geriet an eine Kerze, sein Hinterteil verschmorte, und Renate Herrmann bekam einen Anruf aus dem "Adlon". Der Terrier wurde mit einer schicken Limousine gebracht und wieder abgeholt, und sie hat ihn flott von seinem Leiden befreit. Eine echte Notoperation.

Vierzig Mädchen und Mütter hören ihr zu, - Jungen und Väter hatten sich zu unserer Geheimnistour in die Puppenklinik so gut wie gar nicht gemeldet. Offenbar sind die Leidenschaften seit der Kaiserzeit gleich geblieben. "Nur eines hat sich verändert", sagt Renate Herrmann und zeigt auf Elisabeth, Anna, Luise und andere Puppen mit freundlichen Porzellangesichtern und glänzenden Glasaugen aus dem 19. Jahrhundert. "Damals gab es fast ausschließlich Mädchenpuppen, es galt als unschicklich, mit einer männlichen Puppe zu spielen." Heute stellen die Puppenfabriken auch Jungen her.

Vor 17 Jahren eröffnete Renate Herrmann ihre Klinik, und einige Patienten, wie könnte es anders sein, sind bei ihr auf Dauer geblieben - zumal die 59-jährige Tempelhoferin leidenschaftlich Puppen sammelt. Zum Beispiel Ilse und Frechdachs, das Empfangskomitee - zwei Käthe-Kruse-Schaufensterpuppen aus dem Jahre 1950. Genauso groß wie manche jungen Besucher und zum Verwechseln ähnlich. Nur modisch sind sie etwas zurückgeblieben im Matrosenanzug und geblümten Samtkleid aus den 50ern. "Künstliche Menschen schaffen, ein alter Traum", sagt Renate Herrmann und zeigt ihren Besuchern Spielkameraden aus den vergangenen 150 Jahren. Von manchen sind nur die Köpfe geblieben, Rümpfe oder Beine - die liegen nun in Regalen, als würde hier ein Ersatzteillager für kleine Menschen betrieben. Es ist alles vorhanden: Kleider, Perücken, winzige Schuhe und eine Werkstatt mit unzähligen Schubladen. "Hier", sagt Renate Herrmann, "sind Flirtaugen drin". Daneben Zungen und Zähne. Bis eine Puppe repariert ist, kann es allerdings lange dauern. Dr. pupp. hat viel zu tun. Es sei denn, ein Kind kann ohne Liebling nicht schlafen. Solche Patienten werden bevorzugt behandelt.Renate Herrmann zeigt ihre Puppenklinik gerne weiteren Kindergruppen (Tel.: 706 20 69). Porträtiert wird sie auch in unserem Buch zur Serie "Geheime Orte für Kinder" mit 27 Abenteuertouren durch Berlin (Nicolai-Verlag).

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