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Die Gropiusstadt wird am 7. November 50 Jahre alt. Den Grundstein legte der damalige Regierende Bürgermeister Willy Brandt (SPD).

© Hanno Gutmann

50 Jahre Gropiusstadt: Die Wohnmaschine brummt

Vor 50 Jahren war Grundsteinlegung für die Gropiusstadt. Jetzt wird die Siedlung erweitert. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) spricht von einer "Renaissance der Großsiedlung", das heißt aber nicht, dass er eine weitere bauen möchte.

Die Großsiedlung Gropiusstadt wird noch größer. Nicht viel, aber die Tatsache allein ist bemerkenswert. „Zum ersten Mal steht die Erweiterung einer Großsiedlung an, das hat es in Deutschland noch nicht gegeben“, sagt der Nestor der Berliner Stadtentwicklung, Hans Stimmann. Die Entwicklung fällt direkt ins Jubiläumsjahr. Am 7. November 1962 legte der Regierende Bürgermeister Willy Brandt den Grundstein für Berlins erste Großsiedlung.

400 Wohnungen sollen in der südlichen Gropiusstadt zusätzlich gebaut werden, Miet- und Eigentumswohnungen, von drei bis fünf Geschossen. Die durchschnittliche Kaltmiete wird derzeit mit 8,50 Euro kalkuliert. In einem Gutachterverfahren haben drei Architekturbüros Vorschläge gemacht, das Büro Meckel aus Frankfurt am Main wurde zusätzlich mit einem Masterplan beauftragt. Grundsätzlich geht es darum, den Wohnmaschinen mehr urbanes Leben einzuhauchen. „Es ist der Versuch einer geplanten Gentrifizierung“, sagt Stimmann. Die neuen Wohnungen sollen Mieter anlocken, die sich bisher eher nach Charlottenburg und Prenzlauer Berg orientieren. Frühester Start für die Neubauten sei 2014, sagt Lutz Ackermann von der Degewo, der 4500 Wohnungen in Gropiusstadt-Süd gehören.

Ob das Modell Gropiusstadt auf die anderen Berliner Großsiedlungen übertragen werden kann, ist umstritten. Die Gropiusstadt profitiert von der Verschiebung der städtebaulichen Gewichte in den Südosten. Zu den Nachbarn zählen die florierende Wissenschaftsstadt Adlershof und der neue Flughafen BER. Im Märkischen Viertel ist derzeit kein Neubau geplant, sagt Gesobau-Chef Jörg Franzen. Dort ist man mit der laufenden Sanierung von 13 000 Wohnungen vollends ausgelastet.

„Großsiedlungen haben Zukunft“, sagt dagegen David Eberhart vom Verband der Wohnungsunternehmen (BBU). „Wir brauchen 150 000 zusätzliche Wohnungen bis 2030“, das sei mit den bisherigen Neubauplanungen und Baulückenschließungen nicht zu leisten. Der Verband habe dem Senat eine „Großsiedlung der Zukunft“ als Nachnutzung des Flughafens in Tegel vorgeschlagen. Keine Dimension wie in den 70er Jahren, eher eine Kleinstadt für 2000 Menschen. Großsiedlungen hätten schon jetzt erhebliche Kostenvorteile gegenüber den Altbauquartieren, sagt Ackermann. Gerade bei der energetischen Sanierung. Dennoch hat die Idee kaum Chancen verwirklicht zu werden. Bisher ist in Tegel eine Industrieansiedlung geplant, Wohnungsbau soll nur am Rande stattfinden.

Müller will eine Durchmischung der Bevölkerung.

Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) spricht mit Blick auf die Gropiusstadt von einer „Renaissance der Großsiedlung“. Bisher eher als Problemviertel wahrgenommen, habe sich die Gropiusstadt mit ihren 30 000 Einwohnern zu einem „begehrten und attraktiven Wohnstandort mit einer treuen Bewohnerschaft“ entwickelt. Gropius habe in einer mit der heutigen Wohnungsknappheit „vergleichbaren Situation“ gehandelt. Die Lösung heiße aber heute nicht Großsiedlung, sondern „eine Vielfalt von Investitionen, die in jedem Bezirk zu einer Durchmischung der Bevölkerung“ führen.

Der Senat rechnet bis 2030 mit einer deutlichen Zunahme der Bevölkerung. 260 000 zusätzliche Berliner soll es dann geben. Das ist ein mittleres Szenario, es gibt also auch höhere Prognosen. Im vergangenen Jahr wuchs die Stadt um 40 000 Menschen. Würde man diese Zahl fortschreiben, käme man auf ein Plus von rund 700 000 Berlinern im Jahr 2030. Manfred Kühn vom Leibniz- Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung in Erkner warnt vor zu viel Euphorie: „3,75 Millionen Berliner, das ist eine sehr ambitionierte Prognose.“ Solche Schätzungen müssten laufend überprüft werden. Wohnungsbau sei derzeit wichtig, aber man dürfe angesichts der Unsicherheit der Prognosen „nichts überstürzen“. Skeptisch ist auch Jörg Franzen von der Gesobau. Eine „Großsiedlung der Zukunft“ sieht er derzeit nicht auf der Agenda. „Irgendwann geht’s auch wieder runter“ mit der Zahl der Berliner.

Der Senat plant derzeit größere Wohnsiedlungen am Mauerpark (600 Wohnungen), auf dem Tempelhofer Feld (4650 Wohnungen) und an der Heidestraße (1200 Wohnungen). Der politische Anspruch ist, mindestens 6000 Wohnungen im Jahr zu bauen. Außerdem sollen die städtischen Wohnungsbaugesellschaften ihren Bestand um 30 000 Wohnungen vergrößern.

Die Ausstellung „Heimat Großsiedlung - 50 Jahre Gropiusstadt“ ist bis zum 25. November in der Forum Factory in Kreuzberg zu sehen, Besselstr. 13.

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