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Der Glasfaser-Ausbau soll die Digitalisierung Berlins vorantreiben.

© Julian Stratenschulte/dpa

Update

600.000 Anschlüsse bis 2025: Telekom will Berlin zur deutschen „Glasfaser-Hauptstadt“ machen

Die Deutsche Telekom kündigt das größte Glasfaser-Ausbauprojekt des Landes an. Profitieren sollen eine Million Haushalte, Firmen, Schulen – und alle Bezirke.

Die Deutsche Telekom will Berlin zur „Glasfaser-Hauptstadt“ Deutschlands machen. Das kündigte der Konzern am Freitagmorgen an. Demnach soll in den kommenden Jahren ein Glasfaser-Netz mit einer Million FTTH-Anschlüssen entstehen – und einer Geschwindigkeit von bis zu einem Gigabit pro Sekunde für die Nutzer:innen. FTTH steht für „Fiber to the home“, das heißt „Glasfaser bis ins Haus“.

Nach Firmenangaben handelt es sich um das größte Glasfaser-Ausbauprojekt im gesamten Bundesgebiet. Die ersten 600000 Anschlüsse will das Bonner Unternehmen bis Ende 2025 fertigstellen. Für die Zielmarke von einer Million Anschlüssen machte die Telekom keine genauen Angaben, sondern sprach nur von „den nächsten gut sechs Jahren“.

Profitieren sollen davon private Haushalte genauso wie Firmen und Schulen. Man werde beim Ausbau des Netzes „in allen zwölf Bezirken“ aktiv werden, teilte Srini Gopalan, im Vorstand der Telekom für das deutsche Festnetz- und Mobilfunkgeschäft zuständig, mit. Dabei sei man aber auf die Unterstützung der Politik angewiesen – „bei Genehmigungsverfahren oder bei der Erlaubnis, alternative Verlegemethoden zu nutzen“, sagte Gopalan. „Denn nur gemeinsam mit den Entscheidungsträgern werden wir Berlin ins Gigabitzeitalter bringen.“

Telekom will viel leere Rohre in Berlins Boden nutzen

Technik-Chef Walter Goldenits zufolge kann das Unternehmen dabei bereits „in weiten Teilen der Stadt auf Leerrohrsysteme zurückgreifen“, wodurch wenig Tiefbau-Maßnahmen erforderlich seien. Als alternative Verlegemethoden will die Telekom Trenching oder Spülbohrungen einsetzen.

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Das deutsche Glasfasernetz ist derzeit noch stark im Ausbau. Zwar sind an vielen Stellen bereits hunderte Kilometer Glasfaserkabel in der Erde versenkt, doch das High-Speed-Netz ist nur an sehr wenigen Stellen bis ans Haus gelegt. Bei vielen geht das schnelle Internet nur bis zur nächsten Straßenecke; auf der sogenannten „letzten Meile“ wird dann die Geschwindigkeit durch langsame TV- oder Kupferkabel ausgebremst. Eine Verbands-Studie vom Oktober 2020 zeigt: 70 Prozent aller Kunden in Deutschland surfen noch über Kupferkabel aus der Vor-Internet-Ära. Diese Zahl dürfte auch für Berlin gelten. Zudem setzte insbesondere die Telekom in den letzten Jahren noch stark auf ihre alten Kupferkabel. Um diese gegen Glasfaser auszutauschen, müssen in Berlin hunderttausende Bordsteine aufgerissen werden. Ein Geschäft, dass sich gerade die Tiefbau-Unternehmen derzeit gut bezahlen lassen.

Auch deshalb erhöht die Telekom mit der Ausbau-Offensive den Druck auf die Politik. Sie will eine rechtssichere Zusage für die sogenannten alternativen Verlegemethoden. Statt die Kabel wie bisher metertief unter die Erde zu bringen, sollen diese nur 20 Zentimeter tief oder sogar oberirdisch verlegt werden dürfen.

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Die kommunalen Spitzenverbände sehen dies skeptisch. Sie fürchten neues Chaos, schließlich könnten die so verlegten Internet-Leitungen durch Frost, Vandalismus oder Ausbau der städtischen Infrastruktur viel leichter beschädigt werden als die bisherigen Kabel im Untergrund. Noch wird das entsprechende Gesetz dazu im Bundestag verhandelt.

Gigantischer Genehmigungsaufwand für die Bezirke

Auf die Berliner Bezirke kommt mit der Glasfaser-Offensive in den nächsten Jahren ein gigantischer Genehmigungsaufwand zu. Auch deshalb erhoffen sich Netzbetreiber wie die Telekom, 1&1, Telefónica/O2 und Vodafone von dem Gesetzes-Update eine deutliche Entbürokratisierung des Verfahrens.

Derzeit verzögert sich der Breitbandausbau meist durch langwierige Genehmigungsverfahren oder mangelnde Kapazitäten der Bauwirtschaft. Schon im vorigen Lockdown hatten Glasfaser-Verbände darüber geklagt, dass viele Grabungsgenehmigungen in Ämtern liegen bleiben würden, da zu viele Mitarbeiter im öffentlichen Dienst im Home-Office seien. Ein weiteres Problem ist die erschwerte Ein- und Rückreise an deutschen Grenzen nach Osten für viele Lohnarbeiter im Baugewerbe.

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop nannte den Ausbau in der ganzen Stadt eine gute Nachricht. „Die Berlinerinnen und Berliner brauchen schnelles Internet im Festnetz – und zwar in allen Bezirken, in den Innenstadtbezirken genauso wie in den Randgebieten“, sagte die Grünen-Politikerin. Durch „effiziente Planung“ ließen sich zugleich Ausmaß und Anzahl der Baustellen reduzieren.

Kritik: Telekom nehme sich "entspannte fünf Jahre Zeit"

„Es ist fünf nach zwölf beim Thema Breitbandausbau im Land Berlin. Schnelles Internet aber ist kein Luxus, sondern für viele Unternehmen unabdingbare Basis für die geschäftliche Entwicklung“, sagte Jörg Nolte, Geschäftsführer Wirtschaft & Politik bei der Industrie- und Handelskammer (IHK).

Key Pousttchi, Professor am Institut für Wirtschaftsinformatik und Digitale Gesellschaft in Potsdam, relativierte die Freude: Er finde es gut, dass Srini Gopalan, der neue Deutschlandchef der Telekom, in Berlin ein Zeichen setzen will. "Der Zeitplan sollte ja klappen, nachdem er sich dafür entspannte fünf Jahre Zeit nimmt. Und für den Rest des Landes zehn Jahre - bis dahin wird in den Problemregionen dann vermutlich auch die letzte Firma zugemacht haben", sagte der Experte.

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