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Berlin: 89-Jährige tot: Enkel vor Gericht

Freispruch nach Vorwurf der Misshandlung.

Berlin - Alles war verdreckt. Die Küche, das Bad, das Bett der Großmutter. Die letzten Tage bis zu ihrem Tod habe die 89-jährige Frau in menschenunwürdigen Verhältnissen vegetieren müssen, hieß es in der Anklage. Der Enkel hörte die Vorwürfe am Mittwoch mit gesenktem Kopf. Der 37-Jährige hatte seine Großmutter aus einer Pflegeeinrichtung nach Hause geholt. Nun saß er als mutmaßlicher Täter vor Gericht. Als einer, der sich die Rente einverleiben wollte und die schwer kranke Großmutter verkommen ließ. Tatsächlich aber wollte er nur Gutes tun.

Charlotte K. konnte sich nicht mehr selbst pflegen. Die gebrechliche Frau war im Juni 2011 nach einer Operation in eine Kurzpflege gekommen. „Sie wollte aber unbedingt nach Hause“, sagte der Enkel. Dieser hatte seine Eltern verloren, als er 16 Jahre alt war. Seitdem hatte er bei der Oma gelebt. „Sie war der freundlichste, beste Mensch, den es gibt“, hauchte der arbeitslose Mann.

Er kümmerte sich sehr um die Großmutter. So beschrieben es auch Zeugen. Um Geld ging es nicht. Dafür war zudem ein Betreuer zuständig. Doch der Pflege war er nicht gewachsen. „Als sie nicht mehr aufstand, wollte ich sie waschen“, sagte der Angeklagte. „Es klappte nicht. Ihre Windeln wechselte sie selbst.“ Und wie war es mit Nahrung? „Sie wollte kaum was.“ Warum er sich keine Hilfe holte? L. schluckte. Er bekommt sein eigenes Leben nicht auf die Reihe. Noch immer herrscht Chaos in seiner Wohnung.

Dem Enkel wurde Misshandlung von Schutzbefohlenen vorgeworfen. Ein Experte widersprach. „Eigentlich war sie in einem tadellosen Pflegezustand“, erklärte der Gerichtsmediziner. Sie habe regelmäßig Nahrung bekommen und sei nicht verwahrlost. Die 89-Jährige sei an Herz- und Lungenschwäche gestorben. Staatsanwältin und Richter waren sich einig: L. hat seine Großmutter nicht „roh und böswillig“ vernachlässigt. Er sei überfordert gewesen – Freispruch. K.G.

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