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Berlin: Ab 22 Uhr nur drinnen? Wirte gehen vor Gericht Simon-Dach-Straße: Bezirksamt will hart bleiben

Von Christoph Villinger Friedrichshain. „Wenn das greift, dann haben wir hier Bonner Verhältnisse.

Von Christoph Villinger

Friedrichshain. „Wenn das greift, dann haben wir hier Bonner Verhältnisse.“ Michael Noeckel, Kneipier im Viertel rund um die Simon-Dach-Straße und Sprecher der rund 80 „Wir(te) für Friedrichshain“, ist empört. Gestern Mittag erhielt er per Zustellurkunde einen der seit Tagen angekündigten Bescheide des Tiefbauamtes für die rund 110 Kneipen des Viertels. „Uns werden nun weniger Sitzplätze vor der Kneipe zugestanden und um 22 Uhr sollen alle Tische vor der Kneipe abgebaut sein.“ Dies bedeutet „letzte Bestellung um halb zehn Uhr“. Der Bescheid gelte ab drei Tage nach Zustellung. „Und ich dachte, wir leben in einer Weltstadt.“ Hintergrund der neuen Bescheide des Bezirks sind jahrelange Beschwerden von Anwohnern über Kneipenlärm bis tief in die Nacht. Ihre Vereinigung („die Aufgeweckten“) drohte das Bezirksamt zu verklagen, wenn die Schankerlaubnisse im Freien bis Ende August nicht wesentlich eingeschränkt werden.

Doch die Wirte wollen diese Bescheide nicht einfach hinnehmen. Laut Ayhan Aslan, Wirt des „plusminusnull“, haben die Kneipeninhaber verabredet, „sofort nach Erhalt der Bescheide Widerspruch einzulegen und Klage auf einstweilige Verfügung mit aufschiebender Wirkung einzureichen.“ Dann werde man sehen, ob „zwölf Bürger in der Lage sind, einen ganzen Gastronomiekiez zu kippen“, ergänzt Noeckel. Auf jeden Fall ist mit dem Verschicken der Bescheide eine Situation entstanden, die der zuständige Baustadtrat Franz Schulz (Grüne) vermeiden wollte: eine Klärung vor Gericht.

Dagegen sagt der Anwalt der Anwohnerinitiative, Sebastian Bartels, „wir wollen jetzt erst mal sehen, wie sich die Wirte verhalten“. Wenn um 22 Uhr mit dem Ausschank im Freien Schluss gemacht wird, „gibt es für uns keinen Grund zur Klage mehr“. Verärgert sei er darüber, wie die zum 27. August gesetzte Frist hinausgezögert wird.

Auch die BVV von Friedrichshain-Kreuzberg debattierte am Mittwochabend auf Antrag der SPD-Fraktion mehrere Stunden das zwischen einer „gelungenen wirtschaftlichen Entwicklung“ und dem Ruhebedürfnis der Bewohner gelagerte Problem. Dabei zeigte Schulz Verständnis für die Anwohner. „Die vor drei Jahren vom damaligen Friedrichshainer Bürgermeister Mendiburu ausgehandelte Regelung, Ausschankschluss im Freien unter der Woche um 23 Uhr und an den Wochenenden um 24 Uhr, wurde von den Wirten oft nicht eingehalten.“ Laut Schulz „haben wir in der Simon-Dach-Straße eine Situation, die deutlich gegen die Lärmschutzverordnung verstößt“, und deshalb müsse das Bezirksamt handeln. Am Ende verabschiedete die BVV einstimmig eine Resolution der PDS, das Bezirksamt solle Gespräche mit allen Beteiligten führen, um zu einer einvernehmlichen Regelung für das ganze Viertel ohne Gerichtsverfahren zu kommen. Ein solches Clearingverfahren lehnt die Anwohnerinitiative ab. Sie will Taten sehen, „und zwar um 22 Uhr“.

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