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Berlin: Abgeordnete studieren am Pazifik

Wissenschaftsausschuss informiert sich in Berkeley und Stanford über den effizienten Umgang mit Geld

So eine Bildungsreise kann hart sein, auch wenn sie nach Kalifornien führt. Vier Tage lang volles Programm vom „Arbeitsfrühstück“ morgens um acht bis zum Vortrag über „Exzellenzförderung in Stanford“ – da können die Abgeordneten aus dem Wissenschaftsausschuss nicht verstehen, dass ihr Trip sie als „Polit-Touristen“ ins Gerede gebracht hat. Stefan Liebich, Fraktionschef der Linkspartei und neuerdings auch deren Wissenschaftspolitiker, kontert die öffentliche Kritik mit der Bemerkung: Von dieser angeblichen Erholungsreise auf Kosten der Steuerzahler werde er sich eine Woche lang erholen müssen.

Liebich ist einer von acht Abgeordneten, die am kommenden Sonntag nach San Francisco fliegen. Vier Tage lang wollen sie sich dort zusammen mit Wissenschaftssenator Thomas Flierl, seiner Referentin Brigitte Reich und Staatssekretär Hans-Gerhard Husung über die amerikanischen Modelluniversitäten Berkeley und Stanford informieren.

Diese Reise – da ist CDU-Fraktionschef Nico Zimmer ausnahmsweise mal mit Liebich einer Meinung – sei keine touristische Veranstaltung. Und wer den Berliner Politikern ihre Kiezfixiertheit und Provinzialität gerne vorhalte, möge sich nicht beschweren, wenn sie sich woanders Fortbildung und Anregung holten. Doch wenn man die Universitätslandschaft umgestalten wolle, wenn es um die Breite und die Exzellenz der Forschung gehe, sei Kalifornien nun mal der Maßstab. Was man dort sehe und erfahre, könne wichtig werden für das neue Hochschulgesetz, sagt Zimmer – auch wenn man nicht genau wisse, ob damit noch in dieser Legislaturperiode zu rechnen sein. Die Abgeordneten müssen sich auch nicht vorwerfen lassen, der Erkenntnisgewinn über die beste Förderung der Berliner Universität stehe schon vor der Reise fest: Mit Berkeley und Stanford lernen sie eine öffentlich finanzierte und eine komplett privat finanzierte Universität kennen.

Im Vergleich zu den üblichen Reisen sei eine Reise in die Vereinigten Staaten ein „extremer Fall“, sagt Zimmer. Normalerweise reisen die Abgeordneten mit den Ausschüssen einmal pro Legislaturperiode zu etwas weiter entfernten Zielen in Deutschland oder Europa. Dabei versuchen die Fraktionschefs oder parlamentarischen Geschäftsführer alles zu vermeiden, was den Eindruck von Vergnügungsreisen macht. Liebich, Zimmer, der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gaebler und FDP-Fraktionschef Martin Lindner finden unisono, sie hätten genügend Möglichkeiten, um alle Reisen zu unterbinden, die nach Steuergelderverschwendung aussehen. Es komme auch vor, dass Reisen verkürzt oder gestrichen würden. Hochgezogene Augenbrauen soll es im Ausschuss nur darüber gegeben haben, dass Flierl an die Woche in San Francisco zwei Tage in Los Angeles hängt. „Alles dienstlich“, sagt Flierls Sprecher Torsten Wöhlert: Flierl habe diverse Termine in Sachen Kulturaustausch zwischen Berlin und Los Angeles.

Nicht mal FDP-Fraktionschef Lindner hat an der Fernreise etwas auszusetzen. In Kalifornien sei zu sehen, was man mit privatem Geld und Studiengebühren alles erreichen könne: „Da würde ich die Sozialisten von den anderen Fraktionen am liebsten jede Woche mal vorbeischicken.“

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