zum Hauptinhalt
Bisher waren Versammlungen der "Bürgerbewegung Pro Deutschland" immer von Gegendemonstrationen begleitet - wie hier vor dem Rathaus Schöneberg im vergangenen Sommer.

© dpa

Abgeordnetenhauswahl: Islamfeindliche Bürgerbewegung schickt Kandidaten ins Rennen

Die rechtspopulistische "Bürgerbewegung Pro Deutschland" will im September zur Abgeordnetenhauswahl antreten. Die Kandidaten: Der Landesvorsitzende der Berliner Republikaner und ehemalige DVU-Funktionäre.

Die Aufkleber auf den Heckscheiben der vor dem Lokal in der Spandauer Gartenstadt Staaken geparkten Autos zeigen die Skizze einer Moschee mit zwei Minaretten. Sie ist durchgestrichen. Die Aufkleber sind das Symbol der rechtspopulistischen, islamfeindlichen "Bürgerbewegung Pro Deutschland", die am Freitagabend im Vereinsheim der Kleingartenkolonie zusammengekommen ist, um ihre Kandidaten für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus zu nominieren. Einziger Inhalt des Wahlprogramms: "Deutschland soll deutsch bleiben" Eigentlich hatte man die Veranstaltung im Rathaus Spandau abhalten wollen. Doch der Bezirk hatte die Vermietung der Räume verweigert, das Verwaltungsgericht die Klage der Rechtspopulisten abgelehnt.

Vermutlich kam die Entscheidung den Mitgliedern der "Bürgerbewegung" gar nicht so ungelegen – so ist man so gut wie unter sich. Den neuen Ort habe man extra geheim gehalten, "um Demonstranten fern zu halten", erzählt ein Anwesender. Presse ist nicht erwünscht, wird aber geduldet. In den vergangenen Monaten hatte „Pro Deutschland“ in mehreren Rathäusern getagt, stets begleitet von lautem Protest. Zuletzt hatten Anfang März 500 Menschen vor dem Rathaus Zehlendorf demonstriert, als die Rechtspopulisten dort ihren Bezirksverband Steglitz-Zehlendorf gründeten.

An diesem Freitagabend in Staaken ist von Demonstranten nichts zu sehen; die zuvor für das Rathaus Spandau angemeldete Demonstration war nach Auskunft eines Polizeisprechers wieder abgemeldet, eine neue Kundgebung nicht angemeldet worden. Auch die Polizei hatte demnach keine Kenntnis von der Versammlung.

So drängen sich die 45 stimmberechtigten Mitglieder des Berliner Verbandes von "Pro Deutschland" ungestört im Nebenraum der Gaststätte zusammen. An der Decke hängen Hexenpuppen in verschiedenen Größen und Farben, durch die dunkelbraune Klapp-Schiebe-Tür dröhnen Freitagabend-Kneipengeräusche: ein Dart-Automat trötet, dazu Musik und laute Stimmen. Die Gaststätte mit der Nationalflagge im Vorgarten ist gut besucht. "Pro Deutschland" habe in dieser Gegend schon "gute Arbeit geleistet", wird einer der Stimmberechtigten später sagen.

Die 45 Parteimitglieder im Raum sind fast alle männlich und über 50. Auf dem mit einer Deutschlandfahne bespannten Podium sitzt unter anderem Manfred Rouhs, Gründer von „Pro Köln“ und Bundesvorsitzender von "Pro Deutschland". Er wird an diesem Abend zum Berliner Spitzenkandidaten gewählt. In Berlin will er schaffen, was ihm 2009 bei der Kommunalwahl in Köln gelungen ist: In das Parlament einziehen. 5,4 Prozent holten die Rechtspopulisten in Köln, fünf Abgeordnete haben sie seitdem im Stadtrat. "Jetzt brauchen wir ein Landesparlament", sagt Rouhs. Aus strategischen Gründen habe er beschlossen, in Berlin zu kandidieren: Ein Stadtstaat sei leichter zu gewinnen als ein Flächenland.

Bei der Eroberung der Hauptstadt soll vor allem die Allianz mit den Republikanern und der Deutschen Volks Union (DVU) helfen. So steht auf Platz sieben der Kandidatenliste Reinhard Haese, amtierender Landesvorsitzender der Republikaner. "Pro Deutschland gilt in den Medien noch als rechtspopulistisch", sagt er. Das sei ein Vorteil – besser als rechtsextrem. Beide Parteien wollten eng kooperieren, sagt Haese. Die Republikaner treten in Berlin nicht zur Wahl an, als Gegenleistung für den guten Listenplatz für ihren Landesvorsitzenden hätten sie "Pro Deutschland" technische Unterstützung für den Wahlkampf versprochen. "Wir bekommen einen Lkw mit Verstärkertechnik im Wert von 25.000 Euro", sagt Rouhs. Und sowieso, ergänzt Haese, sei sein Ziel, die beiden "Geschwister" – "Pro Deutschland" und die "Republikaner" – bald wieder zusammenzuführen. Die Anwesenden applaudieren.

Ebenfalls auf der Liste und seit Freitagabend Schriftführer: Torsten Meyer aus Lichtenberg, bis vor Kurzem Landesvorsitzender der Berliner DVU. Spitzenkandidat Rouhs war früher ebenfalls Mitglied der "Republikaner" sowie der "Deutschen Liga für Volk und Heimat". Die Internetseite www.netz-gegen-nazis.de nennt "Pro Deutschland" ein "Sammelbecken für Funktionäre gescheiterter rechter Kleinstparteien."

Auch der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz hat die Gruppierung, die in Berlin rund 200 Mitglieder hat, im Blick. Im Verfassungsschutzbericht 2010 heißt es, es gebe "Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer Bestrebungen".

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false