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Prestigeträchtig und international: Die John-F.–Kennedy-Schule hat einen guten Ruf.

© Juergen Engler

Update

Abistreich in Berlin-Zehlendorf entgleitet: Mit Sturmmasken über den Schulhof

An der John-F.-Kennedy-Schule ist der Abistreich entglitten. Nun gibt es Streit über die drakonischen Reaktionen der Schulleitung. Sogar juristische Konsequenzen wurden inzwischen angedroht.

Sie haben ziemlich geackert für ihr Abitur, einen Notenschnitt von 1,9 hingelegt und achtmal eine 1,0 geschafft. Nun aber gibt es Hausverbote und jede Menge Frust, denn an der beliebten Zehlendorfer John-F.-Kennedy-Schule ist vergangene Woche etwas gründlich schief gelaufen.

„Die sahen aus wie Terroristen mit ihren Sturmhauben und liefen über das Schulgelände. Das ist nicht akzeptabel, besonders nicht in diesen Zeiten“, begründet der geschäftsführende Direktor Reinhard Roth das, was dann folgte: unbefristetes Hausverbot. „Zuwiderhandlung wird bei der Polizei als Hausfriedensbruch angezeigt“, heißt es in dem Brief, den Roth an rund 25 der diesjährigen über 130 Abiturienten verschickte.

Lehrerautos unter Rasierschaum

Abistreiche, die aus dem Ruder laufen, sind ein langes Kapitel der Berliner Schulgeschichte. Da wurden Lehrerautos mit Rasierschaum besprüht (Achtung: Lackschäden!), es gab Alkoholexzesse und demolierte Inneneinrichtungen. Aber es gab auch massenhaft Spaß, zum Beispiel beim Lehrer-Catwalk 2014 am Barnim-Gymnasium oder 2009 am Schadow-Gymnasium, als die Lehrer Helge Schneiders Katzenklo-Text vorlesen und auf gesellschaftskritischen Gehalt untersuchen mussten.

Auch der diesjährige JFK-Jahrgang wollte etwas Besonderes auf die Beine stellen: „Gefängnisausbruch“ lautete das Motto. Wochenlang habe der Oberschulleiter sie hingehalten, alle Pläne unterlaufen, berichten die Abiturienten. Schon im Mai hatten sie sich darüber im Tagesspiegel beklagt und befürchtet, dass es nichts wird mit einem „richtigen“ Streich. Diese Befürchtung hat sich nun bewahrheitet.

Für das Verbot wird es wohl einen Grund gegeben haben. Wenn die Schüler dann nicht nur vermummt, sondern auch noch in Uniformen auftraten und die Ausnahmesituation einer Brandschutzübung eskalierten, indem sie Zugänge absperrten, dann muss man sich wirklich wundern, dass Eltern für solche Aktionen so großes Verständnis zeigen.

schreibt NutzerIn kerrin

Ein Schulleiter soll die Schüler gefilmt haben

Denn vier der frustrierten Schüler griffen zu Sturmhauben, einige verrammelten Eingänge und rund 30 Jugendliche versammelten sich schließlich zu einem Sitzstreik vor dem Büro des besagten Schulleiters – der prompt die Polizei rief. Sein Stellvertreter soll mit seinem Handy die Schülergruppe gefilmt haben - das jedenfalls berichten einige Schüler. „Somit hatte Herr Roth genügend ’Beweismaterial’, um gezielte Hausverbote zu verhängen“, schildert eine Schülerin den Vorgang und seine Folgen. Vor allem gegen dieses Hausverbot richtet sich jetzt die Empörung von Eltern und Schülern. Denn viele von ihnen haben jüngere Geschwister an der Schule, die sie auch künftig gern zu Schul- oder Sportfesten begleiten würden.

Roth sieht eine Möglichkeit, das Hausverbot aufzuheben, nur nach einer „deutlichen Entschuldigung“ und „community service“, also gemeinnnützige Arbeit, sagte er auf Anfrage. Die Entschuldigung sehen etliche Schüler nicht als Problem, aber sie finden, dass auch die Schule Fehler zugeben müsse, bevor sie so etwas wie „community service“ leisten würden.

Erst wird offensichtlich der Dialog mit den Schülern verweigert und dann eine Eskalation sondergleichen provoziert. Die Sturmhauben mögen geschmacklos sein. Da aber eigentlich die ganze Schule im Vorfeld weiß, dass der Abistreich an Tag X stattfindet, wird nun sicher kein kleines Kind traumatisiert worden sein. Dafür ist ein Riss im Schulleben entstanden, der sich so schnell nicht schließen wird.

schreibt NutzerIn maxwell

Schon im Vorfeld gab es Streit

In einer Mail an Roth schildert ein langjähriges Mitglied der Schulkonferenz, dass es bei den „entsetzten“ Eltern und Schülern Unverständnis gebe – sowohl im Hinblick auf mangelnde Kooperation der Schulleitung im Vorfeld des Streichs als auch im Hinblick auf das Rufen der Polizei und das Hausverbot. „Hier geht ein ganzer Alumnijahrgang verloren“, mahnt das Gremienmitglied, das als Elternteil ebenfalls betroffen ist. Er müsse auch an die JFK-Grundschüler denken, hält Roth dem entgegen. Das Erlebnis mit den Sturmhauben gehe für einige von ihnen in „Richtung Traumatisierung“.

Am Mittwoch behauptete eine Lehrerin, dass die Abiturienten absichtlich den Tag einer „Feuer-Bomben- Terror-Alarm-Übung“ für ihren Abistreich gewählt hätten. Die Absolventen widersprechen: Der Alarm sei ihnen gar nicht angekündigt worden; sie fragen sich vielmehr, warum die Schulleitung diesen Tag überhaupt für den Alarm ausgewählt hat, obwohl sie wusste, dass die Schüler diesen Tag stets als Termin für ihren - später verbotenen - Abistreich genannt hätten. Zudem hatte der Schulleiter gegenüber dem Tagesspiegel gesagt, das Hausverbot sei wegen der Sturmhauben erteilt worden. In seinem Brief an die Schüler war aber einzig von der „Blockierung der Eingänge“ die Rede. Eltern und Abiturienten rücken mehr und mehr von der Schule ab, nachdem sie erfuhren, dass nun sogar juristische Konsequenzen angedroht werden. sve

Mitarbeit: Laura Contreras y Duran und Athena Möller.

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