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Berlin: Abschiebehaft statt Standesamt

Schwangere Frau bangt um den Vater ihres Kindes: Der Afrikaner soll als Illegaler ausgewiesen werden

Jeden Tag fährt Kristin Lein von Charlottenburg zum Abschiebegefängnis in Grünau. Denn dort wird seit zwei Monaten der Vater ihres Kindes festgehalten. Kristin Lein, 20 Jahre alt, angehende Studentin, ist im achten Monat schwanger. Ihr Freund und Vater des heranwachsenden Mädchens ist der 22-jährige Ola H. aus Nigeria. „Wir wollen heiraten und freuen uns auf das Baby“, sagt Kristin Lein, „aber Anfang August soll Ola abgeschoben werden.“ Kristins Mutter unterstützt die Beziehung. „Warum muss er die ganze Zeit im Gefängnis sitzen. Schon wegen des Babys würde er nicht untertauchen“, sagt sie und weint. Außerdem würde er doch freiwillig ausreisen.

Ola H. kam vor gut einem Jahr mit einem Touristenvisum nach Berlin. Als es nach drei Monaten ablief, blieb er – illegal und ohne Papiere. Seine deutsche Freundin lernte er in einer Disko kennen. „Wir haben uns gleich verliebt“, sagt Kristin Lein. Ola habe auch schnell begonnen, Deutsch zu lernen. Meistens würden sie sich aber auf Englisch unterhalten. Im April wurde er bei einer Razzia gegen Schwarzarbeiter in einem Biergarten in Prenzlauer Berg verhaftet und noch am selben Tag ins Abschiebegefängnis gebracht. Der Vorwurf: Er hat im Biergarten schwarz und unter falschem Namen gekellnert. Die Ironie: Zwei Tage zuvor hatten sich Kristin und Ola von einem Anwalt beraten lassen, wie er ausreisen und seine Papiere in der Heimat für die Heirat holen und anschließend ohne Probleme wieder einreisen könne. Dass die beiden bei ihm waren und Ola freiwillig ausreisen wollte, bestätigt Anwalt Lutz Weber. Nach der Geburt des Kindes würde ihm normalerweise sowieso ein Aufenthaltsrecht zustehen, da er die Vaterschaft anerkannt habe.

Wenn er Anfang August zwangsweise ausreisen muss, wie es die Ausländerbehörde vorsieht, wird er allerdings erst nach einem langwierigen Visa-Verfahren wieder zurückkommen können. Wenn überhaupt. „Das kann sich viele Monate hinziehen“, sagt Anwalt Weber. Bei einem ähnlichen Fall, über den der Tagesspiegel vor einem Jahr berichtete, saß ein Kongolese über ein Jahr in seiner Heimat fest. „Ob das im Sinne des Kindes ist, weiß ich nicht“, sagt der Anwalt. Deshalb hat er nun zusammen mit Kristin Lein und deren Mutter den Petitionsausschuss angerufen. Dort wird der Fall geprüft.

Für die Innenverwaltung ist die Inhaftierung des jungen Mannes ein ganz normaler Vorgang. „Er hat sich ohne Papiere hier aufgehalten und ist seiner Ausreisepflicht nicht nachgekommen“, sagt Martin Steltner, Sprecher von Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Der Petitionsausschuss habe eine Stellungnahme von der Innenverwaltung zu dem Fall angefordert. Sie soll „in Kürze“ fertig sein.

„Warum können solche Verfahren nicht anders laufen“, fragt Anwalt Lutz Weber. „Wozu haben wir denn das neue Zuwanderungsgesetz, das einen größeren Ermessensspielraum bei besonderen persönlichen Härten zulässt.“ Die sieht der Anwalt in der bevorstehenden Geburt des gemeinsamen Kindes. Außerdem: Jeder Tag im Abschiebeknast kostet den Steuerzahler 225 Euro pro Person.

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