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Berlin: Abschiebehaft wird zur Privatsache

Senat will mit Sicherheitsdiensten Kosten für Wachpersonal einsparen

In der Abschiebehaftanstalt soll es künftig private Wächter geben. Gegenwärtig werde unter den Sicherheitsdiensten nach geeigneten Interessenten gesucht,sagte Innenstaatssekretär Ulrich Freise gestern im Innenausschuss. Bislang werden in der Abschiebehaft noch die Polizeiangestellten der Wachpolizei eingesetzt. Im Amtsblatt habe Polizeipräsident Dieter Glietsch die Kriterien für private Betreiber bereits ausgeschrieben.

Es geht nicht nur um die Bewachung des Außenbereichs der Haftanstalt in Grünau oder um Einlasskontrollen. Auch eine Übernahme von Aufgaben im Innenbereich des Gefängnisses sei denkbar, sagte Freise dem Tagesspiegel. Welche Aufgaben am Ende tatsächlich privatisiert werden könnten, sei momentan noch nicht völlig klar. Diese Frage müsse geprüft werden anhand entsprechender Bewerber geprüft. Ziel sei es, das Personal der Wachpolizei zu reduzieren, um Personalkosten einzusparen. Hoheitliche Aufgaben wie körperliche Zwangsmaßnahmen, Zellendurchsuchungen oder Abschiebungen sollen allerdings bei der Polizei bleiben.

Eine ähnliche Arbeitsteilung gibt es bereits in der Abschiebehaftanstalt im nordrheinwestfälischen Büren. Dort arbeiten seit Jahren Mitarbeiter von privaten Sicherheitsunternehmen unter der Aufsicht von Justizvollzugsbeamten, da die Abschiebehaft in Nordrhein-Westfalen in den Kompetenzbereich des Justizministeriums gehört. Nach den Hungerstreik-Aktionen im Berliner Abschiebegefängnis zu Beginn diesen Jahres hatte sich Polizeipräsident Glietsch in Büren über die dortigen Erfahrungen informiert. Nach seiner Rückkehr hatte es in Berlin einige Hafterleichterungen für die Abzuschiebenden gegeben.

Offenbar hatte Glietsch auch weitere Änderungsvorschläge mitgebracht. Dazu, ob die geplante Privatisierung der Abschiebehaft zugleich den Einstieg in eine Privatisierung der Berliner Justizvollzugsanstalten bedeute, wollte Freise sich nicht äußern. Er habe zwar eine private Meinung, meinte der Staatssekretär, doch sei für diese Frage Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) zuständig.

Auch die Bewachung von Senats-, Bezirks-, und Polizeigebäuden soll auf private Sicherheitsdienste übertragen werden. Hier suche man ebenfalls nach geeigneten Bewerbern, sagte Freise. Bei der Polizei habe man zunächst einmal „technisch nachgerüstet“, sagte Ulrich Freise. „Die ersten Schritten sind wir gegangen.“ Allerdings sei auch klar, dass solche Änderungen in einer Übergangszeit zunächst Mehrkosten verursachen würden, da man das eigene Personal nicht unmittelbar bei Auftragsvergabe abbauen könne.

Ein Problem in diesem Zusammenhang sei zudem die häufig mangelnde Qualifikation der privaten Wachmänner und ihre geringe Bezahlung. Eine öffentliche Ausschreibung der beabsichtigten Bewachungsaufgaben verbiete sich deshalb. Nach dem Vergaberecht sei man gezwungen, den billigsten Anbieter zu nehmen. „Hier muss der Senat auch Nein sagen“, so Freise. Um die Ausbildungssituation bei den privaten Wachdiensten zu verbessern, will Polizeipräsident Glietsch die Ausbildung der Privaten demnächst im Rahmen einer „Sicherheitskooperation“ mit eigenem Personal unterstützen.

In diesem Zusammenhang hat die FDP-Fraktion im Innenausschuss eine Entlastung der Polizei durch private Unternehmen gefordert. Die Polizei solle sich auf den Kampf gegen die Kriminalität und die Strafverfolgung konzentrieren, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Alexander Ritzmann. Durch die stärkere Beteiligung von Privatfirmen sollten sich beispielsweise stärker an der Bewachung von Gebäuden beteiligen. Allein damit würde der Senat knapp 14 Millionen Euro im Jahr sparen. Laut Staatssekretär Freise muss der Objektschutz vor allem „unter Sicherheitsaspekten“ betrachtet werden. Der innenpolitische Sprecher der CDU, Frank Henkel, warnte vor einer Beschneidung des staatlichen Gewaltmonopols. Die CDU werde nicht in den „Privatisierungskanon“ mit einstimmen. OD/dpa

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