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© dpa

Abschied: Das Ende der Legende Tempelhof

Proteste, Feiern und ein Doppel-Start kurz vor Mitternacht: So verlief die letzte Nacht des Traditionsflughafens.

Der Flughafen Tempelhof schloss um Mitternacht – und doch stehen immer noch drei Maschinen auf dem Vorfeld: Zwei Doppeldecker des Typs Antonow und eine Beechcraft-Sportmaschine. Was mit ihnen passiert, ist nun völlig unklar. Tempelhof ist Vergangenheit, den Flughafen gibt es nicht mehr. Somit müssen die Maschinen womöglich mit Schwertransportern abgeholt werden – auf Kosten der Besitzer. Bei den Doppeldeckern munkelte man gestern, mit ihnen seien wohl zu lange bezahlte Rundflüge gemacht worden.

Den ganzen Tag mussten allerdings Geschäftsleute mit Businessjets und Anbieter von Rundflügen mit Sportmaschinen die Starts immer wieder wegen zu tiefhängender Wolken und Vereisungsgefahr verschieben. „Wer den Flug bis zur letzten Minute ausreizt und nicht wegkommt, muss jetzt den Tieflader bestellen“, sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel. Auch die Luftfahrtbehörde hatte gewarnt, dass Sichtflug-Piloten das Risiko schlechter Witterungsbedingungen selbst tragen und die Maschinen notfalls auseinander bauen müssten. Während das nun für die Privatpiloten gelten soll, deutete sich gestern an, dass die Flugbehörde der Ju 52 auch nach der Schließung eine Ausnahmegehmigung erteilt hätten.

Viele Privatpiloten wären gern an den Vortagen abgeflogen, es habe aber wegen der Nachfrage keine „Slots“ mehr gegeben, sagte hingegen Detlef Bosin, Privat- und Verkehrspilot sowie Flugsachverständiger. „Sollten wir keine Startgenehmigung bekommen, wäre das ein weltweit einzigartiger Vorgang.“

Tagsüber war es am Airport so voll wie lange nicht. Weil die Haupthalle gesperrt war, drängelten sich im Foyer enttäuschte Flugzeugfans vor den Gittern, hielten ihre Handykameras durch die Streben. Die Kinder der Flughafen-Kita „Buddelkiste“ konnten ihre eigens gebastelten Papierflieger nicht zum Abschied nach 85 Jahren Berliner Fluggeschichte starten lassen – und weinten vor Enttäuschung.

Auch Georg Kohne rang bei Interviews mit Journalisten aus aller Welt um Fassung. „Ich muss mit den Tränen kämpfen, Tempelhof ist mein Lieblingsflughafen. Er war persönlich, übersichtlich und sah aus der Luft so aus, als ob er einen mit offenen Armen empfängt“, sagt der Flugkapitän, der den allerletzten Tempelhof-Flug mit der „Tante Ju“ absolvieren wollte. Viele Besucher ließen sich mit ihm fotografieren, teilten Erinnerungen, etwa an die Luftbrücke – historische Momente.

Tankschiffführer Ralf Schulz aus Potsdam und der angehende Luftverkehrskaufmann Markus Spyrka aus Frankfurt am Main hatten Glück: Sie besorgten sich Plätze in einer Intersky-Maschine – eine der vielen großen und kleinen, historischen und modernen Flieger, die noch mal von und nach Köln/Bonn, Mannheim, Memmingen und zu Rundflügen starteten. „Ich habe mir einen Traum verwirklicht. Die Berliner machen einen Riesenfehler, den Flughafen zu schließen, noch bevor BBI überhaupt eröffnet“, sagt Spyrka. Einige Anwohner ließen sich immer von der frühen Linienmaschine wecken. Jetzt wird es still. Annette Kögel/Klaus Kurpjuweit

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