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Berlin: Abschied mit einer Träne im Knopfloch

Die Wahl am 21. Oktober wurde Parlamentspräsident Reinhard Führer (CDU) unverhofft zum Schicksal.

Die Wahl am 21. Oktober wurde Parlamentspräsident Reinhard Führer (CDU) unverhofft zum Schicksal. Nach 26-jähriger Zugehörigkeit zum Abgeordnetenhaus scheidet er aus und zieht sich aus der Politik zurück.

Die Konstituierung des neuen Parlaments am 29. November, deren Vorbereitung eine seiner letzten Amtshandlungen ist, will er von der Zuschauertribüne aus beobachten. Sein Nachfolger wird an diesem Tag wahrscheinlich Walter Momper (SPD). Führer hatte seinen Neuköllner Wahlkreis gewonnen, nimmt das Mandat aber nicht an, wie er jetzt auch offiziell mitteilte. Es hatte sich bereits herumgesprochen. Nachrücker wird der Techniker Ralf Reppert von der Neuköllner CDU-Liste.

Führer zählte zu den jüngsten Abgeordneten, als er 1975 zusammen mit anderen damals hoffnungsvollen Nachwuchspolitikern wie Klaus Landowsky (CDU) 1975 in das Rathaus Schöneberg einzog. Zwanzig Jahre hatte seine Stimme im parlamentarischen Hauptausschuss Gewicht, in den letzten zehn Jahren unter zunehmend drückenden Haushaltssorgen. Seit 1991 war er Vizepräsident des Abgeordnetenhauses. Ende 1999 ging sein Traum in Erfüllung, der nun so rasch endete: Er rückte zum Parlamentspräsidenten auf und löste Herwig Haase (CDU) ab, der ihm 1995 das Präsidentenamt bei der CDU-internen Nominierung noch vor der Nase weggeschnappt hatte.

Nun fällt ihm der Abschied sichtlich schwer. Doch Führer kann nicht wieder Präsident werden, weil der Stuhl der stärksten Fraktion zusteht, diesmal also der SPD. Und noch einmal Kärrnerarbeit als einfacher Abgeordneter ist ihm "zu wenig." Da widmet er sich lieber wieder voll seinem Beruf. Er ist Geschäftsführer eines privaten Seniorenheims. Mit einer Träne im Knopfloch sehen ihn die Bediensteten der Parlamentsverwaltung und Kollegen aller Fraktionen ziehen. Wegen seiner Kollegialität und freundlichen Gelassenheit kamen die Fraktionen gut mit dem Präsidenten aus. Und als Chef der Parlamentsverwaltung war er wegen seines menschlich angenehmen Umgangs bei den Mitarbeitern sehr beliebt.

Am heutigen Mittwoch wird er seine letzte Repräsentationspflicht als Präsident wahrnehmen. Führer übergibt dem Stadtmuseum vor der Nikolaikirche in Mitte eine vom Abgeordnetenhaus gestiftete Gedenkplakette, die am ältesten Gotteshaus der Stadt angebracht wird. Sie erinnert unter anderem daran, dass sich dort im Januar 1991 das Gesamtberliner Abgeordnetenhaus konstituiert hat.

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