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Berlin: Abschied von Elster

Warum nur vier Berliner die Computer-Steuererklärung nutzten

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Nur wenige können ELSTER. Das ist die ELektronische STeuerERklärung. Ich gehöre dazu. Es muss Pioniere geben, die das dunkle Gebiet der deutschen Steuerverwaltung erkunden. Am 15. Januar saß ich zu später Stunde vor dem PC, um „ElsterFormular 2003“ über das Internet in die Wohnung zu bringen. Denn mein Finanzamt hatte versprochen, „dass alle elektronisch übermittelten Einkommensteuererklärungen bevorzugt bearbeitet werden“. Leider war www.elster.de wegen Reparaturarbeiten am Server erst einmal nicht in der Lage, auch nur ein Bit abzugeben.

Aber dann. „Weiter zu Download.“ Das war ein guter Anfang. Mir wurde das Formular 2003, ein Sicherheits-Checkprogramm und vieles mehr angeboten. Es bestand sogar die Möglichkeit, zur Internetseite „Moderner Staat – moderne Verwaltung“ zu wechseln. Aber ich hatte keine Zeit, wollte schnell Geld sehen und klickte auf die Maus, worauf sich der Endbenutzer-Lizenzvertrag darbot. Da stand zum Beispiel, dass Elster ein eingetragenes Warenzeichen des Freistaates Bayern ist und dass es streng untersagt ist, die in der Software enthaltene Verschlüsselungstechnik in Staaten außerhalb der EU zu exportieren. Außerdem sei die Software „nicht fehlertolerant und wurde nicht für eine Verwendung in gefahrenträchtiger Umgebung entwickelt“.

Da ich zu Hause weder eine Flugsicherung noch nukleartechnische Einrichtungen betreibe, war es guten Gewissens möglich, ein Häkchen an den Vertrag zu setzen und mit der Installation des Programmpakets zu beginnen. Zuerst kam „Elsterformular2003.exe“ übers Internet geflitzt. Danach bestand die Möglichkeit zu prüfen, ob die Datei wirklich von der deutschen Steuerverwaltung stammt. Dass Codewort lautete: AF7D 1700 DF35 F045 D84E BDA3 6F6A 90B5 D3E4 8090. Ans Herz gelegt wurde mir zusätzlich der ElsterByteChecker, mit dem sich das Steuererklärungsprogramm auf binäre Unversehrtheit untersuchen lässt. Auf den Pilot-Barcode habe ich verzichtet; den braucht man nur in Nordrhein-Westfalen und Bremen.

Das war alles nur ein Klacks, aber dann musste ich einsehen: Ohne Microsoft DAO 3.6 (MDAC 2.8 + JET4SP7 bzw. 8) geht nix. Und sollte jemand bei der Installation von MDAC 2.8 aufgefordert werden, DCOM98 herunterzuladen, darf er auch das nicht versäumen. Stunden später lief alles wie geschmiert. Auf dem Bildschirm öffnete sich wahrhaftig ein Steuerformular, wie man es vom Finanzamt kennt. Die paar Seiten waren rasch ausgefüllt. Nur auf den Kauf eines Kartenlesegeräts und die Elster-Signaturkarte für schlappe 80 Euro, mit der sich eine elektronische Unterschrift anfertigen lässt, verzichtete ich schweren Herzens. Angeblich sollen auch das, wie der Tagesspiegel schrieb, bundesweit 50 wagemutige Steuerbürger ausprobiert haben. In Berlin waren es vier. Ein paar Pioniere zu wenig – Hans Eichel will Elster einstellen.

Aber ich schlug mich durch. Am Ende kam es nur noch darauf an, die Plausibilitätsprüfung des Steuerprogramms zu bestehen und den ganzen Kladderadatsch übers Kabel an das Finanzamt zu senden. Der Vierfarbdrucker spuckte als Lohn eine komprimierte Fassung der Einkommensteuererklärung aus. Acht Seiten stark, in doppelter Ausführung. Eine Fassung musste unterschrieben und mit den steuerrelevanten Unterlagen ans Finanzamt geschickt werden. Nun schlug die Stunde meines Finanzbeamten. Er hat mich wirklich bevorzugt behandelt. Zwei Wochen später war der Steuerbescheid da. Sicherheitshalber kam er mit der Post.

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