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Berlin: Abstimmung: Welche Farbe für das Brandenburger Tor?

Seit Herbst 2000 ist das Brandenburger Tor wegen der Sanierung hinter Planen verschwunden. Vermutlich erst in einem Jahr fallen die Hüllen.

Seit Herbst 2000 ist das Brandenburger Tor wegen der Sanierung hinter Planen verschwunden. Vermutlich erst in einem Jahr fallen die Hüllen. Vom Original künden nur Postkarten und Filme. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung will von Montag an die Bevölkerung um ihre Meinung bitten: Soll das Tor eine neue Farbschicht erhalten oder aufgefrischt so bleiben wie es war? Vier historische Farbtöne werden in einem Pavillon auf dem Pariser Platz zur Auswahl stehen. Die Berliner und ihre Gäste können vier Wochen lang mit dem Einwurf eines Pfennigs an kleinen Tor-Modellen "Farbe bekennen". Volkes Meinung soll bei der weiteren Farb-Debatte berücksichtigt werden.

Die Diskussion, welcher Farbton der richtige ist, beschäftigt Historiker, Denkmalschützer und Architekten schon seit vielen Monaten. Weiß, Ocker, Grau und "Natur" stehen zur Debatte. Das gewohnte Bild - Natur, auch "Sandsteinsichtigkeit" genannt - findet derzeit die meisten Befürworter unter den Experten. Nun sollen die Berliner gefragt werden, denn langsam muss der Senat auch einer Entscheidung näherkommen. Dazu wird am Sonntag mit dem Aufbau eines zeltartigen Pavillons auf dem Mittelstreifen in Höhe des Adlons begonnen, einer Art Info-Box für Tor und Farbe.

Am Montag werden dort Stadtentwicklungssenator Peter Strieder und Lothar de Maizière, der Vorstandsvorsitzende der Stifutng Denkmalschutz Berlin, die vier kleinen Gips-Modelle vorstellen. Gefertigt werden sie von der Fachgemeinschaft Bau. Sie sind rund 60 Zentimeter hoch, werden im Pavillon auf einen Sockel in eine Plexiglashülle gesteckt. In jeden Sockel lassen sich Münzen einwerfen. Täglich wird gezählt, wo die meistern Pfennigstücke stecken. Durchschnittlich rund 3000 Passanten kommen hier täglich vorbei, hat die Behörde ermittelt. Das Geld soll der Tor-Sanierung zugute kommen.

Noch wird an den Modellen gearbeitet, noch steht wegen der Unsicherheit über die weitere politische Entwicklung ein kleines Fragezeichen hinter dem Projekt, das unter anderem von der Fachgemeinschaft Bau und dem Tagesspiegel unterstützt wird. Senator Strieder wird bei der Eröffnung des Zelt-Pavillons daran erinnern, dass Berlins Wahrzeichen während seiner wechselvollen Geschichte unterschiedliche Farben trug.

Weiß war das Tor nur kurze Zeit, zwischen 1791 und 1804. Für echten Marmor hatte Preußen kein Geld oder wollte es nicht ausgeben. Deutlich preiswerter war weiße Farbe, und von weitem sah sie sie ohnehin wie Marmor aus. Um 1804 bekam das Bandenburger Tor einen neuen Anstrich: Caffee au lait, nannte man ihn, Milchkaffee. Bei weiteren Farbschöpfungen in den folgenden Jahrzehnten orientierten sich die Torhüter ebenfalls an mehr oder weniger bräunlichen Ockertönen. Maler haben das Tor in dieser Zeit oft im Bild festgehalten. Nach seinem Umbau 1867/68 hatte das Tor bis in die zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts allerdings unterschiedliche Grautöne. Das jetzt zur Diskussion gestellte Grau wird nur einen Mittelwert darstellen, eine "eine idealtypische Annäherung", wie Ullrich Gellermann von der Senatsbehörde sagte.

Wie es genau war, lässt sich nur vermuten, die inzwischen erfundene Fotografie kannte noch keine Farbe, und Maler hielten sich offenbar zurück. Seit 1926/27 kennen die Berliner und ihre Gäste das Wahrzeichen in Sandstein-Natur. So hat sich das Tor Generationen eingeprägt, so ist es auf unzähligen Bildern und Filmen wiederzuerkennen.

Mit "Alter Glanz ganz neu: Entscheiden Sie mit", sind die Informationszettel überschrieben. Die Meinung und das Empfinden der Bevölkerung könnten die Entscheidung über die Farbe des restaurierten Tores nur leichter machen.

Christian van Lessen

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