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Umworben. Beamte der Berliner Polizei im Einsatz.

© dpa, Paul Zinken

Abwerbung von Berliner Polizisten: "Raubernennung" im Bundeskanzleramt

Berlin bestätigt Abwerbung von Polizisten durch Verfassungsschutz und Bundespolizei. Einer ging durch „Raubernennung“ zum Kanzleramt.

Von Sandra Dassler

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat der Berliner Polizei schriftlich mitgeteilt, dass es ab dem 1. September sukzessive zunächst elf Berliner Polizeivollzugsbeamte ohne Einverständnis der Polizei Berlin im Rahmen sogenannter „Raubernennungen“ einstellen wird. Das teilte Polizeisprecher Winfrid Wenzel auf Anfrage des Tagesspiegels mit.

Innensenator spricht von "Kannibalisierung"

Zuvor hatte schon Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) bestätigt, dass es 33 angestrebte Dienstherrnwechsel von der Polizei Berlin zum Bundesamt für Verfassungsschutz gibt. „Es ist nicht in unserem Sinne, wenn andere Behörden im größeren Umfang auf fertig ausgebildete Berliner Polizeibeamte zugreifen“, hatte Henkel gesagt und wie berichtet von einer „Kannibalisierung“ gesprochen, die die Sicherheitsarchitektur in Deutschland schwäche.

"Auch Polizisten sind freie Menschen", kontern Sicherheitskreise

Bei den Bundesbehörden stießen die Äußerungen des Berliner Innensenators zumindest auf Erstaunen. Auch Polizisten seien freie Menschen, hieß es aus Sicherheitskreisen. Und auch Berliner Polizeibeamten stehe es – wie anderen Beamten auch – frei, sich um einen Wechsel zu einem anderen Dienstherrn zu bemühen.

Die Berliner Dienstherren sehen das allerdings etwas anders. Die Regelungen des Beamtenstatusgesetzes besagen, dass eine Versetzung im gegenseitigen Einverständnis des abgebenden und des aufnehmenden Dienstherrn zu erfolgen habe, teilte die Polizei mit. Auf Grundlage eines zuletzt im November 2001 erneuerten Beschlusses der Innenministerkonferenz hätten der Bund und die Länder vereinbart, Versetzungen grundsätzlich nur bei „gleichzeitiger Gestellung eines geeigneten Tauschpartners“ durchzuführen. Gleichermaßen hätten sich der Bund und die Länder verpflichtet, auf sogenannte „Raubernennungen“ zu verzichten.

Berliner Polizei pocht auf die "Regelungslage"

Die Polizei Berlin werde deshalb im Einvernehmen mit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport auch weiterhin Versetzungsanträgen zum Bund oder zu anderen Ländern grundsätzlich nur mit geeignetem Tauschpartner und „unter Beachtung der dargelegten Regelungslage“ zustimmen. Eine Ausnahme komme allenfalls bei einzelnen sozialen Härtefällen in Betracht.

Nicht bestätigen wollte man die von der Polizeigewerkschaft GdP am Freitag beklagte Bewerbung von etwa 300 Berliner Polizeibeamten bei der Bundespolizei. Das Problem sei bekannt, allerdings könne man die von der GdP benannte Dimension nicht bestätigen, hieß es. Eine Sprecherin des Bundesministeriums des Innern sagte dem Tagesspiegels am Sonnabend: „Eine aktive (sogenannte) Abwerbung von Berliner Polizisten betreiben weder Bundespolizei noch Bundesamt für Verfassungsschutz.“

Das ist nach Auffassung der Polizeigewerkschaft auch gar nicht nötig. Angesichts schlechter Bezahlung, ausufernder und schwer berechenbarer Dienstzeiten sowie geringer gesellschaftlicher Wertschätzung könnten sich viele Beamte einen Wechsel vorstellen, heißt es bei der Gewerkschaft.

Nach Angaben der Berliner Polizei wurde übrigens „in einem Einzelfall“ einer ihrer Beamten bereits durch eine „Raubernennung“ eingestellt – und zwar ausgerechnet im Bundeskanzleramt.

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