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Berlin: Achselzucken und Rechenspiele

Es geht auch um ihre Zukunft – was Schüler zum Koalitionspoker beisteuern

Meryen steht mit ein paar Freunden vor der Sophie-Scholl-Oberschule an der Elßholzstraße in Schöneberg. Sie blättert in den Tageszeitungen vom Montag. Es ist die erste Wahl, an der die 18-Jährige teilgenommen hat. „Da verfolgt man die Diskussionen im Vorfeld viel aufmerksamer“, sagt sie und zieht die roten Kniestrümpfe unter ihrem Jeansrock hoch. Mit dem Ausgang ist sie unzufrieden. „Am liebsten hätte ich Rot-Grün gehabt, aber jetzt bin ich für eine große Koalition.“ In einer Klausur im Grundkurs Politische Weltkunde (PW) soll sie später das Wahlergebnis analysieren.

Auch in einem anderen PW-Grundkurs des 13. Jahrgangs steht die Wahl am Montag auf der Tagesordnung. Lehrerin Ute Leontopoulus schreibt die Wahlergebnisse an die Tafel, die Arne aus seinem Laptop abliest. Paula: „Ich hoffe, dass die Grünen bei einer Jamaika-Koalition nicht mitmachen. Das könnte nicht funktionieren.“

„Warum will eigentlich keine Partei mit den Linken zusammengehen?“, fragt Konstantin in die Runde. Paula antwortet: „In vielen Punkten haben die eben ganz andere Ansichten als die SPD und die Grünen.“

Auf dem Schulhof kann Amira ein bisschen Schadenfreude nicht verbergen. „Ich gönne den Politikern aller Parteien, dass sie sich jetzt zusammensetzen und viel diskutieren müssen“, sagt die Zehntklässlerin. Hundertprozentig fühlt sie sich von keiner der großen Parteien vertreten. „Lustig sind die Spaß-Parteien wie die Anarchistische Pogopartei Deutschlands oder Die Partei.“ Ihre Freundin Irina meint, dass eine Koalition aus Linkspartei, Grünen und SPD die Arbeitslosigkeit am besten in den Griff kriegen könnte, ohne den Sozialstaat stark zu beschneiden. „Soll der Schröder mal über seinen Schatten springen.“

Der zwölfjährige Jaafar ist gespalten: Einerseits freut er sich, dass die NPD nicht in den Bundestag kommt, andererseits hätte er gerne einen klaren Sieg der SPD gehabt. „Jetzt müssen SPD und CDU zusammen regieren.“ Milena (13) fürchtet, dass das Musik-Angebot an ihrer Schule gekürzt wird, wenn Angela Merkel Kanzlerin wird. „Deswegen hätte ich die Grünen gewählt.“ Sie hätte der Partei von Joschka Fischer mehr Prozente gegönnt. „Die setzen sich für Bildung ein und kümmern sich um junge Leute“, so sieht es Milenas Klassenkameradin Helena. Wie es weitergehen soll? Beide zucken mit den Achseln.

Aileen und Olivia, beide aus der neunten Klasse, hätten sich einen eindeutigen Sieg von Angela Merkel gewünscht. „Soll sie’s doch mal probieren“, sagt die 14-jährige Aileen und stemmt die Arme in die Hüften. „Der Schröder konnte die Arbeitslosigkeit nicht verringern. Und eine Frau als Kanzlerin fände ich ’ne tolle Sache.“ Ihr Vorschlag: eine große Koalition unter Angela Merkel.

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