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Berlin: Acht Jahre Gefängnis für Pädagogen

Die Jungen durften sich bei ihm betrinken. Michael W.

Die Jungen durften sich bei ihm betrinken. Michael W., damals Leiter eines Jugendklubs, machte es ihnen sogar vor. Er sah mit ihnen Filme, die nicht für ihr Alter bestimmt waren. Er schaffte Computer an und organisierte Reisen. So baute er sich ein Beziehungsnetz auf, „um seine pädophile Neigung auszuleben“, hieß es gestern im Urteil. Acht Jahre Gefängnis verhängten die Richter. Zugleich sprachen sie ein fünfjähriges Berufsverbot nach der Haft aus.

Für das Gericht stand fest: Neun Jungen hat W. als Leiter des Jugendklubs „Oase“ im brandenburgischen Velten sexuell missbraucht. Der einschlägig vorbestrafte Sozialpädagoge aus Spandau wurde in 21 Fällen schuldig gesprochen. Die Opfer, darunter auch ein Neffe des Angeklagten, seien zwischen elf und 16 Jahre alt gewesen. Die Jungen kamen überwiegend aus sozial schwachen Familien. „Er verstand es, Jugendliche von der Straße zu holen“, hieß es im Urteil. Trotz der Übergriffe schwiegen die Jungen. Sie hätten ihn als Vater oder großen Bruder betrachtet, „sie wollten seine Sympathie nicht verlieren“.

Der 43-jährige W. hätte die Stelle im Jugendklub gar nicht bekommen dürfen. Eine Vorstrafe sprach deutlich dagegen. 1997 war er wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Bewährungszeit wurde auf vier Jahre festgelegt. Mit dem Urteil wurde ihm für diese Zeit auch untersagt, sich beruflich mit Kindern und Jugendlichen zu befassen. Im April 2001 aber bekam er den Job im Klub, den die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Oberhavelland betreibt. Er habe beim Vorstellungsgespräch auf seine Vorstrafe hingewiesen, behauptete W. im Prozess.

Er setzte vor allem auf „Erlebnispädagogik“. Bei Ausflügen an die Ostsee, nach München und Tschechien oder nach Club-Abenden mit Schwimmen, Sauna und Video kam es nach Überzeugung des Gerichts immer wieder zu Übergriffen. Die Trunkenheit der Schützlinge habe er bewusst für seine Taten ausgenutzt. Kopfschüttelnd nahm W. das Urteil hin. Er hatte nur einige „verbotene Berührungen“ nach Massagen oder Streicheleien zugegeben. K. G.

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