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Adel berichtet (20): Wo Rauch ist

Stefan Stuckmann erzählt, wie unser Redaktionspraktikant Cedric zu Guttenberg die Stadt erlebt.

Mein Jungdackel Taxi ist ein Gewohnheitstier. Wenn er mittwochs nicht seine Currywurst kriegt, wird er richtig sauer. Diese Woche um halb sieben saß ich gerade im Traum mit dem Herausgeber im Borchardt, als mir plötzlich der Kellner die Speisekarte in den Mund steckt. Ich reiße die Augen auf, und der Kellner ist doch nur Taxi und die Speisekarte ein Flyer vom neuen "Curry 36" in der City-West.

Nach der Morgenkonferenz sind wir dann zum Hardenbergplatz gefahren, um den ersten Ableger der Kult-Currywurstbude auf Herz und Darm zu prüfen. An der Schlange vorbei gehen wir direkt zum Besitzer und bestellen zwei Rezensionsexemplare mit doppelt Pommes. Mehrere Euro hat er in den Umbau des alten Kiosks investiert, diktiert mir der Mann in den Block. Eventuell war es auch mehr, aber Taxi hat genau an der Stelle mit Sauce gekleckert. Na ja, Verschnitt ist immer.

Auf dem Rückweg werde ich trotzdem nachdenklich, weil mir die ganzen externen Wurstpausen Zeit rauben, die ich eigentlich für potenzielle Titelstorys brauche. Der kleine Edelstahl-Grill und die Gastronomie-Fritteuse, die wir eine Stunde später in die Teeküche hinter der Politikredaktion wuchten, sind also definitiv sinnvolle Betriebsausgaben, die ich hier schon mal erwähne, damit das Finanzamt nicht später wieder sagt, es habe von nichts gewusst. Jetzt noch schnell das Fett eingefüllt und auf höchste Stufe geschaltet - muss ja eingebrannt werden, so eine Fritteuse.

Als ich wieder aufwache, tupft mir der Chef mit einem nassen Tuch die Stirn ab. Die Luft riecht nach Rauch. Panisch versuche ich, aufzustehen. "Der Wildschwein-Krakauer", rufe ich, "der muss gewendet werden!" Dann erst bemerke ich das Piepen des Rauchmelders. "Taxi?" Ein Hustenanfall übermannt mich. Als ich wieder atmen kann, sehe ich Taxi, der seinen rußverschmierten Kopf winselnd an das Dekolleté der Praktikantin schmiegt. Ist er verletzt? Er zwinkert mir zu. Verstehe. Ich drehe mich zum Chef und täusche einen Ohnmachtsanfall vor.

Heute Morgen habe ich dann bei Innensenator Frank Henkel angerufen, um ihm persönlich meine Unterstützung für die geplante Rauchmelder-Pflicht zuzusagen. Gleich danach sind Taxi und ich zum Baumarkt gefahren und haben 2000 Rauchmelder, eine Schlagbohrmaschine und das Dübel-Set "Mister Drill" gekauft, um unsere Initiative "Der Tagesspiegel rettet!" zu starten. Räumen Sie ruhig schon mal den Esstisch zur Seite!

Hochachtungsvoll,

Ihr

Stefan Stuckmann

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