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Adel berichtet (28): Schlagloch-Bingo

Stefan Stuckmann erzählt, wie unser Redaktionspraktikant Cedric zu Guttenberg die Stadt erlebt.

Eigentlich sollten mein Jungdackel Taxi und ich ja nur einen Artikel über den bedauerlichen Zustand der Berliner Straßen schreiben, aber dann haben wir quasi im Vorbeistolpern eine neue Trendsportart entwickelt: Schlagloch-Bingo. Oder, der internationalen Vermarktbarkeit wegen, Cross-Holing. Drei Löcher in einem Straßenzug geben einen Punkt, wenn die Straße während der drei Löcher nicht ihren Namen ändert, gibt es zwei Punkte, und wenn alle Löcher vor hochwertig sanierten Altbauten liegen, vier Punkte. Ein Riesenspaß!

Und von wegen langsame Bürokratie: Ich hatte mein Fax mit dem Förderantrag für öffentliche Cross-Holing-Bahnen noch nicht mal abgeschickt, da erfahre ich bereits, dass der Senat sein sportfeindliches Anti-Schlagloch-Programm um 80 Prozent zurückgefahren hat! Aber klar: Wenn Cross-Holing bis 2024 olympisch wird, dann muss man jetzt schon anfangen, in die Infrastruktur zu investieren.

Bevor Sie jetzt aber mit der Familie ein „Wir sind dann mal cross-holen“ auf den Anrufbeantworter singen, muss ich Sie warnen: Cross-Holing ist kein ganz ungefährlicher Sport, der nicht ohne professionelle Ausrüstung betrieben werden sollte. Schuhe, Ellbogenschoner, feuerfeste Unterwäsche und die obligatorische Cross-Holing-Sicherheitsschnur biete ich praktisch zum Selbstkostenpreis in meinem Online-Shop an. Weil Taxi vergessen hat, Paketband nachzubestellen, gehen allerdings bis Montag keine Pakete mehr raus.

Aber egal, denn heute sind Sie doch ohnehin auf unserem Tag der offenen Tür hier beim Tagesspiegel! Was wird Ihnen da alles geboten: exotische Stimmungsmusik, die heißesten internationalen Showtänzerinnen und Tabledance vom Allerfeinsten. Entschuldigung, jetzt hab ich den Prospekt verwechselt ... Ach, auf jeden Fall gibt es interessante Führungen, Lesungen und natürlich Signierstunden mit

ihren Lieblingsautoren. Taxi und ich sind selbstverständlich auch dabei – aber aus organisatorischen Gründen findet unsere Signierstunde nicht im Redaktionsgebäude statt, sondern wenn sie rausgehen links um die Ecke und dann 100 Meter die Seitenstraße hinunter, an dem weißen VW Passat mit der geöffneten Kofferraumklappe. Wir haben Autogrammkarten, Erdnussflips und eine Auswahl meiner besten Texte – laminiert! Und jetzt starrt Taxi mich an, weil er unbedingt will, dass ich erwähne, dass wir beide noch Single sind. Aber das ist mir zu billig: Das ist schließlich Journalismus hier!

Hochachtungsvoll,

Ihr

Cedric

Stefan Stuckmann

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